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Kiew

vom 15. Bis 20. April 2012

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Der Herr sei mit uns – Osterfeier in der St. Vlodymyr Kathedrale

Es ist Ostersonntag. In diesem Jahr fällt Ostern nach der Zeitrechnung der Orthodoxen zusammen mit dem Osterfest der westlichen Kirchen. Schon am Bahnhof sagt es mir ein Mann, den ich angesprochen habe: „Christus ist auferstanden“. Ich erinnere mich an die Antwort diese Ostergrußes: „Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Ich finde nahe dem Zentrum der Stadt eine originelle Herberge. Am Abend bummle ich, nicht ganz ziellos, durch die Straßen von Kiew. Ich möchte wieder russisch-slawischen Chorgesang hören, die die Seele baden lassen. Von den Türmen der St. Vlodymyr Kathedrale läuten die Osterglocken.

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Ich höre die Botschaft, trete ein und erlebe einen anderthalbstündigen Ostergottesdienst in christlich-orthodoxer Tradition.

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Ein greiser Herr mit weißem Bart agiert an der Spitze einer Männergruppe. Ich halte ihn für den Patriarchen. Ihm folgen an die 20 bärtige Männer. Sie sind prächtig gekleidet, viel Gold auf den breiten Talaren. Die Kopfbedeckungen sind unterschiedlich in der Form. Hoch vom Chor singt ein gemischter Chor. Ein anderer Chor singt in einem Seitenschiff. Auch die Männer singen, manchmal im Chor, manchmal solo. Es tönt fast ständig in der Kathedrale.

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Einer der ersten Wege der würdevollen Männergruppe, angeführt vom weißbärtigen Ältesten, ist der zu einer Marien-Ikone. Danach nimmt die Gruppe wieder Aufstellung im vorderen Bereich des öffentlichen Teiles des Kirchenraumes.

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Der Ablauf ist ziemlich anders als in einer der westlichen Kirchen – was natürlich zu erwarten war. Mir ist der Unterschied zu den buddhistischen Klöstern stark aufgefallen, bin ich doch kürzlich erst 3 Wochen darin zu Gast gewesen. Dort sind wir am Buddha-Tag (wöchentlich etwa ein mal) nach langen, sehr monotonen Gesängen und einer Prozession um den Stupa herum, alle allmählich still geworden und haben zuletzt eine Stunde stumm und bewegungslos meditiert. Hier in Kiew, singen zwei gemischte Chöre und dazu die 20 Priester mit herrlich kräftigen Männerstimmen: "Gospodi pamui!" oder so ähnlich - "Der Herr sei mit uns!" habe ich immer wieder singen gehört. Und dann der Ruf des Priesters "Christus ist auferstanden!" und das Volk ruft freudig und kraftvoll: "Er ist wahrhaftig auferstanden!"

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Wir sind alle anderthalb Stunden hindurch gestanden. In orthodoxen Kirchen gibt es nichts zum Sitzen. Die Besucher haben sich viele Male bekreuzigt. Die Priester sind immer wieder mal in den vorderen Kirchenraum gegangen, um dort was Wichtiges zu tun, zu rufen, zu räuchern und zu singen. Dann kommen 2 von ihnen heraus, wenden sich den Ikonen zu, die gleich neben dem Eingang aufgestellt sind, und schwenken kräftig mit dem Weihrauchkessel. Anschließend immer wieder mal eine Runde durch die Menge der Besucher: "Christus ist auferstanden!" ruft einer der Priester. Und das Volk antwortet laut und freudig: "Er ist wahrhaftig auferstanden!" Immer ist kraftvolle Bewegung bei den feiernden Priestern und ihren Helfern. Zuletzt werden uns Besuchern Kreuze zum Beküssen gereicht. Es war ein bewegtes Freudenfest für Besucher und Veranstalter.

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Am Ostermontag suche ich ein Nonnenkloster auf. Zuerst bestaune ich die Anlage von außen.

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Es läuten wieder die Glocken und in der Hauptkirche beginnt ein Ostergottesdienst. Er ähnelt sehr dem des Vortages.

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Am Osterdienstag komme ich wieder bei der St. Vlodymyr Kathedrale vorbei.

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Um 12 Uhr beginnen die Glocken zu läuten. Es ist nicht jenes Läuten, das wir von den Türmen der westlichen Kirchen gewohnt sind. Es sei auch hier außergewöhnlich, wusste ein Mitarbeiter der Belgischen Botschaft zu berichten. Glocken verschiedener Tonhöhen werden streng rhythmisch geschlagen. Ich spare mir weitere Versuche, den Klang zu beschreiben. In den folgenden Movies habe ich Einiges davon eingefangen:




Die Hostels in Kiew

Hostels gibt es in vielen Ländern auf der ganzen Welt. Es sind Billig-Herbergen, vorwiegend für Einzelreisende, „Backpackers“ eingerichtet. Es überwiegen die Mehrbettzimmer und gemeinsame Toiletten und Duschen. Es gibt meist Waschmaschinen und eine Küche für die Wanderer. In der Regel sind auch Internet-Anschlüsse vorhanden, Fernseher und leider auch Musikanlage.

Die Hostels in Kiew haben eine Besonderheit: Man findet sie im Internet und in entsprechenden Reiseführern, wie Lonely Planet. Wenn man sie in den Straßen sucht, sind sie jedoch schwer zu finden.

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Wer würde von weitem erkennen, dass es hinter dieser Haustür 4 Etagen höher ein gastliches Hostel wartet?

Dem Taxifahrer sage ich das Central-Hostel an. Es liegt nicht weit vom Bahnhof, jedoch nicht direkt im Zentrum. Als er mich vor dem Haus ablädt, sehe ich kein Schild, das auf ein Hostel hinweisen würde. Eine Leuchte mit roter Abdeckung macht mich stutzig.

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Im Cafe nebenan wird mir versichert: Im 4. Stock ist das Hostel. Ich lasse das schwere Gepäck am Haustor stehen. Tatsächlich: Im 3. Stock ist das Büro, die Gemeinschaftsküche, das Komfort-Bad und die Waschmaschine. Das brasilianische Paar, das die Herberge verwaltet, wohnt auch hier. Die Mehrbett-Zimmer sind einen Stock höher. Es ist alles sauber und funktionsfähig. Der Umbau der früheren Wohnung in ein Bachpackers-Hostel hat kein Architekt gemacht, das merkt an manch unpraktischen Anordnungen und Details. Es sind außer mir noch 3 Gäste da.

Irgendwas fehlt mir hier. Ich suche nach was Anderem. Zunächst mit Unterstützung des Laptops. Man wird eingeladen, sich über Internet anzumelden. Ich tu das nicht so gerne, denn ich schau mir meine Herbergen vorher lieber physisch an. Ich schreibe mir eine Liste heraus und mach mich, vom Stadtplan unterstützt, physisch auf die Suche.

Das erste Hostel im Detail verrät mir ein Taxifahrer, der in nächster Nähe geparkt hat. Tatsächlich, in einer unscheinbaren Nebengasse finde ich die Hausnummer und ein kleines Schildchen. Dazu den Code zum Anläuten – doch es meldet sich niemand, auch nicht am Telefon.

Das nächste Hostel erweist sich als völlig unbeschildertes Häuschen in einem Hinterhof. Auch hier vermag ich niemanden heraus zu läuten. Ein drittes Hostel ist unauffindbar, obwohl mir von Nachbarn gesagt wird „gleich da drüben“. Schließlich zeigt mir einer das „Magic Bus Hostel“. Es hat sogar ein buntes Schildchen 20 x 20 cm am Haustor. Ich läute an. Bereits im 1. Stock des Gebäudes öffnet sich die Tür, hinter der sich die in ein Hostel umgebaute Wohnung befindet: 1 Schlafsaal mit 16 Betten und 2 Doppelzimmer, Ess-Küche für die Gäste, eine einzige Dusche, schnelles Internet, freundliches Personal und

ein WC mit origineller Betriebsanleitung

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Hier bleibe ich 3 Nächte. An der Rezeption bekomme ich Stadtplan und Infos über Führungen.


Ich buche die „Wanderung durch die Stadt zu geheimen Plätzen“.

Der Fußweg zum Treffpunkt führt mich zunächst durch sehr öffentliche Straßen der Stadt und vorbei an wichtigen Gebäuden der Gegenwart:

Die Österreichische Botschaft zum Beispiel

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Hier eine der vielen Banken

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Breite Straßen

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Und hier sind wir schon am Weg:

Die Führerin „Natalie

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ein Japaner

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und ich

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Das ist eines der Stadttore von Kiew, hier am Unabhängigkeitsplatz, nach altem Bauplan neu errichtet.

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So schaut es aus am Unabhängigkeitsplatz

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Hier gehen wir durch eine Straße, die von altehrwürdigen Bürgerhäusern gesäumt ist

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Am oberen Ende dieser Straße kommen wir zu einer katholischen Kirche

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Dahinter liegt ein großer Park. Davon gibt es sehr viele in Kiew. Jemand soll mal gemeint haben, Kiew habe nicht nur viele Parks, sondern es sei eine Stadt in Parks. Die Stadt liegt überdies auf vielen, mehr oder weniger sanften Hügeln.

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Zu unseren Füßen liegt nun der Dnjepr

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Wir spazieren weiter durch den Park und kommen schließlich zur St.-Andreas-Kathedrale.

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Wir umrunden die Kathedrale und treten hinaus auf einen großen Platz.

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Und nun kommen wir an die „geheimen“ Plätze.

Ein Holzkirchlein in einem Hinterhof

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Ein versteckter Treppenabgang

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Ein Hinterhof, wo sich Künstler ausgetobt haben, die Fassaden italienisch erscheinen zu lassen

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Inmitten einer Baustelle finden wir jene Kirche im Stile des italienischen Barock, die eine berühmte Herrscherin einst im Übermut hat bauen lassen.

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Der uralte Baum, den man stützt und schützt

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Die Skulptur einer (historischen) stolzen Frau mit devotem Verehrer

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Ein Kinderspielplatz mit verrückten Dingen, auch solche für Erwachsene

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Wir blicken ins Tal auf eine Siedlung, wo Architekten und andere Künstler mutig zeigen, was man mit Farbe und Form alles machen kann

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Es geht wieder durch schmale Gassen und entlang alter Häuser

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Das „Große Tor von Kiew“. Auch das ist ein Nachbau, denn die Witterung, Regen, Frost und Sonne haben das Original unbrauchbar gemacht, erklärt unsere Führerin entschuldigend

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Wir kehren zurück zu unserem Ausgangspunkt an der Kreschtschatyk-Straße

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U-Bahn-Impressionen

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Ich merke, das ist eine U-Bahn des guten alten Stils, ähnlich Moskau. Man hört sie laut und deutlich, wenn sie ein- und ausfährt. Sie beschleunigt aus dem Stand mit voller Kraft. Wehe, wer noch steht und sich nicht festhält! In den Katakomben, durch die man die Stationen erreicht, gibt es Shops und Cafes, die jedem internationalen Vergleich standhalten.

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Besuch im Tschernobyl-Museum

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Es werden der Beginn und der weitere Verlauf der Katastrophe dargestellt. Im elektronischen Führer bekomme ich es auf Deutsch gesagt. Am Abend des nächsten Tages sei die nahe Stadt bereits vollständig evakuiert gewesen, erfahre ich. (In Europa hat zu diesem Zeitpunkt noch kein Mensch was von der Katastrophe gewusst, erinnere ich mich).

Erst Tage später, so erinnere ich mich, als die Schweden erhöhte Radioaktivität in der Luft gemessen haben, sind die Sowjets langsam herausgerückt mit Fakten.

Utensilien der Helden der ersten Stunden und Tage liegen in Vitrinen. Die Besitzer brauchen sie nicht mehr, denn sie sind an der letalen Dosis von mehr als 6 bis 8 Sievert einige Tage bis Jahre später gestorben. Auch von invalid gewordenen Helden werden Pässe, Papiere, Brillen, Armbanduhren und anderes gezeigt.

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Es wird immer dazugesagt, welch (posthumen) Ehrungen die Helden bekommen haben, samt den Urkunden dazu. Es haben die Männer beim ersten Einsatz sehr genau gewusst, was die Strahlung mit ihnen tun wird. Doch sie haben Wichtiges getan in den ersten Stunden und damit das Leben vieler anderer gerettet.

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Auch von jenen hunderten Wissenschaftlern und Ärzten, die sich verdient gemacht haben in der Nachbearbeitung – Knochenmarkstransplantationen, Blutaustausch, Messungen im Gelände – werden einige ausführlich genannt mit allen Auszeichnungen und Ehrungen, zu denen sie dank der Katastrophe gekommen sind.

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Es sind viele Bücher geschrieben worden. Ein zu Gefängnisstrafe Verurteilter hat ein Buch geschrieben, „wie es wirklich war“.

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Die Gerichte haben Schuldige gesucht und einige der Betriebsleiter verurteilt. Die Verurteilten haben die Schuld nicht bei sich, sondern in Mängeln der Konstruktion gesehen.

Auf die Not der vielen Kinder und der Nachgeborenen wird eingegangen, deren junge Zellen von der Strahlung viel stärker geschädigt worden sind.

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Eine der vielen Vitrinen ist der internationalen Hilfe gewidmet:

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Es wird nichts über den wirtschaftlichen Aspekt – weder die behauptete Notwendigkeit, noch vom grundsätzlichen Unsinn der Kernenergie ein Wort verloren. Es gibt keine moralischen Aspekte, keine Lehren für die Zukunft, keine grundsätzliche Bewertung dieser technologischen Fehlentwicklung. Es ist eine sehr schöne Gedächtnisausstellung für die menschlichen Tragödien, die der Super-Gau verursacht hat, doch keine Anti-Kernkraft-Ausstellung. Das Bemühen der „Helden“, den Schaden zu begrenzen, steht im Vordergrund.

Ich sehe viele Schulklassen durch die Ausstellung ziehen.

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Kunstwerke – Bilder, Skulpturen, Installationen – versuchen das Schreckliche und auf subtile Weise auszudrücken und zu vermitteln.

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Das sind Namen jener Orte, die verlassen werden mussten

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Nach 5 Nächten und 6 Tagen verlasse ich mit dem Nachtzug die schöne Stadt Kiew und fahre nach Budapest.

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