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Salomonen - Singapur - Teil III
Vom 18. November bis 26. Dezember 2011


Wieder Gegenstrom und Dieselmangel

Im Strom darf man nicht gegenan fahren, lehrt uns Rupert. Man muss ihn queren, und das ohne gegen ihn „vorzuhalten". Sofern auf der anderen Seite weniger Strom ist, muss ich ihm Recht geben. Wir queren die Sibutu-Passage 2 mal und finden die Theorie bestätigt.

Der Dieselvorrat geht schon wieder zur Neige. Wir laufen am nächsten Tag Sandakan an.

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Das ist eine der größeren Städte von Borneo, im Osten dieser Insel gelegen. Den Briten ist es in früheren Zeiten einer ihrer wichtigen Stützpunkte gewesen. Rund um Borneo wird nach Erdöl gebohrt. Der Liter Dieselöl kostet hier nur 60 USD-Cent, strahlt Rupert. Wir haben mit dem Dinghi noch nicht angelegt, da kommen auch schon 2 Männer daher und wissen was wir brauchen. Rupert wird rasch handelseins und macht sich mit den beiden und unseren leeren Kanistern auf den Weg zu Tankstelle. Die beiden Männer haben irgendwo Karren stehen, mit denen sie uns den Transport besorgen.


Unbeleuchtete Fischerboote, Blitzbojen und Großschiffe

Die Weiterfahrt wird wieder sehr interessant. Sandakan liegt in einer tiefen weiten Bucht. Das Meer im Osten und Norden von Borneo ist sehr seicht. Es gibt Untiefen und Korallenriffe. Das lockt die Fischer an. Es ist ein richtiges Lichterfest vor uns, am Vorabend des 4. Adventsonntages.

Die „Hakuna Matata" verfügt auch über Radar. Das ist nachts eine sehr gute Hilfe bei der Früherkennung von Regenböen (Qualls auf Englisch). Auch Schiffe lassen sich meist gut erkennen. Sie erscheinen als kurze Kreisbögen, konzentrisch um die Mitte des Radarschirms gebogen. Die Mitte des Radarschirmes stellt den Ort des eigenen Schiffes dar. Während einsamer Nachtfahrten sitzt man bequem im Cockpit mit Blick vorwiegend auf den Radarschirm. Man muss nur manchmal aufstehen, um auch mal einen Kontrollblick aufs Wasser rundherum gleiten zu lassen.

Wie wir aus der belebten Bucht von Sandakan herausfahren sind auch Rupert und Rafael im Cockpit und halten Ausschau. Ich steh am Ruder, Blick abwechselnd auf den Kompass, aufs Wasser und auf den Radarschirm. Ganz nahe am Schirm-Mittelpunkt erscheint ein Bogen, doch am Wasser ist nichts zu sehen. Der gebogene Strich bleibt am Schirm. Ich spreche den Verdacht aus, dass da was sein muss. Rafael jumpt aufs Vorschiff. „Down down!" ruft er. Rupert stellt den Gashebel auf null. Da gleitet auch schon, keine 5 Meter vor unserem Bug, sehr gespenstisch, ein mittelgroßes Fischerboot - vorbei. Völlig unbeleuchtet und anscheinend auch selber blind. Dagegen hilft wirklich nur Radar und ein aufmerksamer Blick darauf.

Eine Besonderheit in diesen Fischgewässern sind Bojen mit Blitzlichtern. Wir vermuten, dass die Fischer über kein GPS verfügen und sich daran orientieren. Was auch immer der Grund sein mag, es ist ganz schwierig, die Entfernung dieser Bojen abzuschätzen. Weil nur sehr kleine Metallkörper an ihnen, sind sie auch am Radar schwer erkennbar. Da gleitet auch schon so ein weiß blitzendes Etwas 4 m an meiner Backbordseite vorbei. Noch einmal gut gegangen. Der grünen Blitzboje, noch voraus, versuche ich rechtzeitig zu entkommen. Doch trügerisch hier: Obwohl die Boje reichlich rechts vor dem Bug blitzt, kommt sie dem Boot immer näher, denn – wie ich erkenne – das Boot driftet seitlich. Das muss Strömung sein, denn Wind, wie üblich, haben wir keinen.

Strömung ist vom Boot aus schwer zu erkennen, denn wir haben keine Logge an Bord, das Geschwindigkeit durchs Wasser misst. Die Differenz zur GPS-Geschwindigkeit ergäbe den Gegenstrom bzw. Mitstrom. Um seitlichen Strom gut zu erkennen, müsste man sehr genaue Kenntnis über Kompassmissweisung und die durch das Schiff verursachte Abweichung haben. Die Missweisung ließe sich aus den Papierkarten ablesen – haben wir nicht. Eine Ablenkungstabelle auf einem Segelschiff habe ich letztmals gesehen, wie ich die Skipperprüfung gemacht habe. Wir müssen die „Geschwindigkeit durchs Wasser" fühlen. Das geht so halbwegs sogar.

Oder es begegnen einem Blitzbojen.

Nach den Blitzbojen begegnen bei meiner nächtlichen Wache im Cockpit viele große Schiffe. Einmal habe ich 6 gleichzeitig am GPS-Schirm, als ein siebentes Schiff, vorschriftswidrig, sich ohne AIS-Signal dazugesellt. Was von hinten kommt, muss ausweichen. Man muss sie bloß beobachten, ob sie das auch tun. Wenn ich einem Schiff begegne und es sieht mich von rechts kommen, habe ich Kurshaltepflicht, sieht mich ein anderes Schiff von links kommen, dann muss ich ausweichen. Da wird’s dann schwieriger. Aber irgendwie geht es sich immer wieder aus.

Am nächsten Tag fahren wir durch die nördliche Sulu See. Wir haben immer Inseln um uns. Zwischen ihnen und Untiefen ist ein Weg auch für die Großschifffahrt in unserer elektronischen Karte eingezeichnet. Fischerboote begegnen uns. Wenn sie fischen oder zum Fischen ansetzen, ändern sie plötzlich Kurs und Richtung. Es gibt auch Verkehr von kleinen Fährbooten zwischen den Inseln. Schließlich kommt uns Plastikmüll und viel Treibholz entgegen, ganze Bäume zuweilen. Das macht das Leben hinterm Ruder abwechslungsreich.

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Am Abend passieren wir die beiden Nordspitzen des Festlandes von Borneo, seit einiger Zeit Kalimantan genannt. Ab nun haben wir ständig Bohrplattformen um uns. Sie sind hell beleuchtet, manchmal mit riesiger Gasfackel, jedenfalls unübersehbar. Wir haben zunächst viele Schiffsbegegnungen, vorwiegend hellbeleuchtete Fischerboote.

Hier ein Tanker mit mehr als 300 m Länge

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Ein etwas kleinerer Tanker mit Gefahrgut an Bord kommt nahezu in Kollisionskurs auf uns zu.

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Ich verständige Rupert. Er trinkt erst noch mal vom Tee. Dann spricht er per Funk mit dem Mann auf der Brücke gegnerischen Tankers von links. Als Rechtskommender haben wir nicht bloß Vorrang, sondern Kurshaltepflicht. Man sollte den Ausweichpflichtigen nicht irritieren durch eigene Ausweichmanöver. Aber wir haben auch die Pflicht, den anderen auf seine Ausweichpflicht aufmerksam zu machen, mit Schiffssirene, Scheinwerfer oder eben per Funk, wenn Verdacht besteht, dass er seiner Pflicht nicht nachkommen wird.

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Gemäß seinem AIS geht es sich aus, sagt der Mann vom Tanker.

Das zeigt übrigens auch unser AIS:

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Bei der "Nearest Approach" hätten wir gerne immer etwas mehr als 1 sm.

Und es ist sich wirklich ausgegangen

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Der wenige Wind zwingt uns zum Motoren. Das saugt uns wieder Diesel ab, mehr als wir gebunkert haben, sollte es so weiter gehen bis Singapur.

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Von links hinten nach vorne und dann rechts: Rupert, Autopilot, Steuerrad, Magnetkompass, AIS/GPS-Bildschirm.

Doch es kommt anders. Erste Ankündigung kommt von Rafaels besorgter Mutter. Sie mailt, vom Taifun der in den Philippinen tobt. Nun beginnen wir der Wettervorhersage, empfangen über Satelliten, wieder Vertrauen zu schenken. Es werden 15 Knoten Wind angekündigt.

Das Christkind findet uns auf offener See. Es hat für uns frischen Wind aus Nord mitgebracht, die südlichen Ausläufer des verheerenden Taifuns über den Philippinen. Regen ist auch dabei.

Der Schiffsverkehr, zunächst abgenommen, nimmt nun allmählich wieder zu, schlagartig schließlich, als wir etwa 80 sm vor Singapur sind. Unsere letzte Nacht auf See bricht an. Plötzlich haben wir 15 Boote am GPS/AIS-Bildschirm.

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Einige liegen vor Anker und rühren sich wenigstens nicht. Viele haben uns passiert, teils von vorne gekommen, teils von hinten. Wir sind die Langsamsten mit unseren 6 - 7 Knoten. Bloß das „Monster" hinter uns hat das gleiche Tempo wie wir. Es ist ein manöverier-behindertes Ungetüm, beleuchtet wie ein Christbaum. Rupert fragt per Funk beim Monster an, ob es uns eh sieht. Ja, sie hätten ein Auge auf uns – was immer das heißen mag, wenn es von einem Monster ausgesprochen wird.

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Vor uns taucht neuerlich ein Parkplatz von Schiffen auf, die vor Anker liegen. Rupert entscheidet, sich lieber zwischen den geankerten Schiffen hindurch zu schlängeln, als noch länger den unheimlichen Christbaum hinter sich zu wissen. Der überholt uns nun. Wir erkennen, dass es ein schwimmender, sehr hoher Kran ist.

Es wird nun richtig eng. Schiffe, die zuvor noch vor Anker lagen, beginnen sich zu bewegen. Zuvor in Fahrt gewesene Schiffe ändern Kurs und Geschwindigkeit und setzen offenbar zum Ankern an. Inzwischen erreichen wir das Verkehrstrennungsgebiet. Es ist rechts und links von einer unglaublich großen Zahl von Ankerliegern gesäumt. Manchmal haben wir 40 Schiffe am Bildschirm. Wir fahren ganz rechts und handeln uns nun stundenlang an den Ankerliegern entlang, manchmal auch dazwischen durch.

Schlafen gehen will keiner von uns. Rafael hält Ausschau. Rupert ist viel am Navigationstisch und schaut dort auf den Bildschirm, der die genauere Karte und zusätzlich Ort, Kurs und Fahrt unseres Schiffes zeigt. Ich stehe am Ruder, hauptsächlich mit Blick auf den GPS/AIS-Bildschirm. Ich kann Entfernung, Kurs und Geschwindigkeit ablesen. Das Programm errechnet ständig den Zeitpunkt der nahesten Nähe und den Abstand aus. Wenn das knapp wird, melde ich es dem Kapitän. Er entscheidet über allfällige Kursänderungen und ruft sie mir zu. Ich gebe es dem Autopiloten ein und melde den Vollzug an Rupert.

Im Morgengrauen erreichen wir den Immigrations-Ankerplatz und melden uns per Funk bei der Immigration. Die sind in kurzer Zeit mit ihrem Boot da. Wir bekommen Formulare, füllen sie aus und geben sie wieder ab. Dann die letzten 4 Meilen zur One15Marina.

Die Spannung lässt nach. Wir machen uns Tee und Kaffee. Die Leute vom Nachbarboot reichen uns Sandwiche herüber. Zwei Stunden später sind Helene und Vincent am Steg, das Paar, denen die Hakuna Matata gehört. Sie freuen sich über die glückliche Ankunft ihres Schiffes.

Ich verbringe noch 3 Nächte auf der Hakuna Matata. Dann übersiedle ich in ein Backpacker Hostel im Stadtteil Little India.

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Ein schöner Abschluss des Segelabschnittes meiner Reise ist zu Ende gegangen.

Ich plane, ab nun an Land zu segeln - mit Bus, Bahn und vielleicht mit Schiff am Mekong.


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