Vier Wochen Kornaten und Umgebung, Teil 2

Zweite Woche (KW35, 26.8. – 2.9.2006) auf „TwentyThree“, Sun Odyssey 52.2
gechartert bei Pitter-Yachting, Basis Biograd

 

mit 9 Männern – Christian, Erwin, Hans, Herbert, Karl, Max, Mathias, Michael, Volkmar

Fünf von uns sind schon im Vorjahr dabei gewesen – siehe Törnbericht „Segeln mit acht Männern an Bord in den Kornaten“ – vier sind Neulinge. Wir suchen bewusst die Herausforderung des Zusammenlebens auf engem Raum und in der großen Weite. Wir wollen versuchen, einander nicht bloß zu tolerieren = ertragen, sondern uns zu erleben und zu genießen, Naja, wir werden sehen. Es ist ein Experiment.
Biograd – Insel Pasman – Dugi Otok (Telascica – Sali) – Rava – Molat – Silba – Ist – Pasman – Biograd.

Der Samstag gilt noch dem Ankommen, vertraut machen miteinander und mit dem Schiff.

Am Sonntag, 27.8. kreuzen wir bei zunächst schwacher Brise aus Südost von Biograd südostwärts. Als es im NW schwarz wird, lasse ich reffen. Als der Wind steht, lasse ich die Segel ganz einholen. Bei den Neulingen an Bord punkte ich damit mächtig. Ich hatte damit ihr Vertrauen in meine Kompetenz gewonnen, wie sich in der Schlussrunde „Wann hast du dich gefürchtet am Schiff?“ zeigen sollte. Der dann aufkommende Sturm aus NW war nicht nur für die vier Neulinge an Bord zum Fürchten. Für das Bordklima im Laufe der vor uns liegenden Woche ist er eine gute Initiation für die ganze Gruppe gewesen. Hinter Murter, vor Anker in einer Bucht, haben wir Wind von 34 Knoten vorbeistreichen lassen. Anschließend mit Wind 15 Kn kreuzend bis in die Bucht Zincana an SW-Küste von Pasman.

Am Montag, 28.8. bei schwacher Brise auf Kreuzkursen zur Vela Proversa. Das ist jene schmale gebogene Durchfahrt, wo du am außenseitigen Ufer an den Markierungsstrichen eines Steinpaares erkennen kannst, ob du richtig bist mit deinem Kurs. Wir durchfahren die Proversa mit Motor. Es sind Minuten höchster Anspannung. Neun Augenpaare sind auf das Steinpaar und deren Markierungsstriche gerichtet. Der Tastsinn ist in höchster Bereitschaft. Gibt es eine Erschütterung des Schiffes? Oder geht es sich aus mit der handbreit unterm Kiel? Es geht sich aus, wie noch jedes mal. Vor Jahren bin ich die Vela Proversa, dank günstigen Windes mit Segel durchfahren. Mitten in der Durchfahrt hatten wir Begegnung mit einem Ausflugskahn – ein feines, aber spannendes aneinander Vorbeigleiten war das. Wir beenden den Tag in meiner Lieblingsbucht in der Telascica vor Anker und einer Landfeste.

Den Dienstag, 29.8. beginnen wir mit einer gemeinsamen Atem-Meditation. Sie führt uns ins Hier und Jetzt und öffnet unser Herz.

Entspannt sitzen, lockere Kleidung, du bist wach und präsent. Wirbelsäule aufrecht, Kreuz ein wenig nach vorne gedrückt, Bauch entspannt, Kopf hoch, besonders beim Einatmen, Kinn ein klein bisschen eingezogen. Du konzentrierst dich auf das Atmen, erst in den Bauch hinein, dann in den Brustkorb bis er expandiert und sich hebt. Beim Ausatmen Bauch ganz entspannen, so viel atmen, was geht, ohne dich anzustrengen. Die Gedanken, die kommen, erlauben dass sie da sind, nicht hinschauen, nicht wegschieben, aber gib ihnen keine Energie, keine Aufmerksamkeit. Der Atem ist die Hauptsache. Egal, wie wichtig dir das vorkommt. Lass die Dinge einfach da sein. Bleib bei deinem Atem..... Gedanken, Erinnerungen, Tagträume, Emotionen, wenn sie hoch kommen wollen, einfach erlauben, aber nicht darein mischen. Atmen. Es ist im Hier und Jetzt. Die Probleme von gestern und die von morgen, sie sind Phantasie in unserem Kopf, sie sind nicht wahr. Das Atmen ist ein Teil der Wirklichkeit. Deine Gedanken sind alle künstlich, aus deinem Unterbewusstsein. Was hochkommt, hat wenig mit Wirklichkeit und Gegenwart zu tun. Du kannst sie ruhig loslassen.
Du weißt, dass jeder Atemzug deinen Körper erfrischt, neu macht. Du atmest Dankbarkeit ein. Du öffnest dich zu diesem Augenblick, du öffnest dich zu der Wahrheit, du trittst zu dieser Wahrheit ein, du füllst dich mit diesem Augenblick.
Und jetzt fang an, ganz, ganz langsam zu atmen, aber ganz tief , ganz voll die Lungen füllen, ganz voll und tief, dem Leben vertrauen, ganz öffnen, ganz souverän, ganz langsam. Die Musik wird nun ganz sanft, Edvard Grieg, ein neuer Tag fängt an, die Sonne ist bereit aufzugehen, ein neuer Tag fängt jetzt an, ein neuer Tag, eine neue Wahrheit, ein neues Leben. Öffne dich zu diesem neuen Tag, zu diesem neuen Anfang, zu einem Tag der noch nie vorher hier war, er wird sich nie wiederholen.
Und jetzt, wenn du atmest, lass die Energie irgendwie um dein Herz sich sammeln. Und lass dein Herz sich öffnen. Nicht um etwas zu bekommen, um etwas zu geben. Seitdem du erwachsen bist, will dein Herz sich, was zu geben. Die Energie deines Herzens ist, zu geben, dich zu öffnen. Als du Kind warst, war es Energie zu nehmen, zu sammeln.
Jetzt will dein Herz geben. Also öffne dein Herz. Lass deine Liebe ausfließen. Geben. Das Geben ist ein Geschenk. Geben ist ein Genuss.
Jetzt, wo dein Herz offen ist, bist du in der Lage, jemandem, der nicht hier ist, deine Liebe zu schenken. Und irgendwie wirst du wissen, wer das sein sollte, wer das vielleicht braucht.
Und merk, was das für ein Genuss ist, Liebe zu schenken. Das wolltest du immer. Du kannst sicher sein, dass dieser Mensch deine Liebe gespürt hat, empfangen hat, ist dadurch irgendwie stärker, glücklicher.
Und jetzt diese gleiche Liebe dir selbst schenken, dich mit deiner eigenen Liebe umarmen, streicheln, ganz zart küssen. Erkenne noch mal dass du ein Ausdruck bist des Göttlichen, dass du eine Blume bist, in diesem wunderschönen Garten, den wir das Leben nennen. Nimm wahr, dass du hier einen Platz hast, dass du ein Recht hast, hier zu sein, dass du etwas zu bringen hast, zu geben hast, dass dein Duft wichtig ist. Ohne dich wäre die Welt nicht das gleiche, du bringst etwas Besonderes, etwas was niemand anderer bringen kann. Gib dir die Erlaubnis, dich zu lieben. Und gib dir die Erlaubnis, von deiner Vergangenheit weg zu gehen. Du bist nicht die Vergangenheit, du bist dieser Augenblick, eine wunderschöne Blume. Entdecke deine eigene Schönheit, deine eigene Kraft, es ist alles schon da!

Jeder von uns erlebt das auf andere Art. Still sind wir alle geworden. Achtung des anderen und seiner selbst sollte das Zusammenleben in den kommenden wohltuend Tage prägen.

Es ist ein herrlicher Segeltag. Zunächst über die Mala Proversa nach Sali. Ich begrüße den Marinero: „Ich bin’s, dem du im Vorjahr geholfen hast, die Muhring aus der Schraube zu schneiden!“ Er erkennt mich nicht und lächelt: „Jede Woche mehrere Muhrings in Schraube ...“ Ich verstehe. Späte Mittagsrast im Restaurant mit Blick auf den Hafen.

Wind aus Ostsüdost bläst uns genussvoll bis Rava. Wir ankern in der Bucht Paladica. Nach mehreren Versuchen verzichten wir darauf, den Anker in festen Grund zu setzen. Wir teilen Ankerwache ein. Sie weckt mich um 6 Uhr früh: Der Wind hat auf 20 Knoten aus NW zugelegt, der Anker hält tatsächlich nicht gut, das Ufer kommt bedenklich nahe. Draußen hat es viel Wind und Welle. Der Wind legt kräftig zu. Wir flüchten in das Dorf Rava vor Boje. Gegen 11 Uhr brechen wir wieder aus. Der Wind in der Bucht ist inzwischen bei 20 Knoten „eingeschlafen“. Draußen sollen es 35 Knoten werden. Bei ganz wenig Tuch an Mast und Vorstag zeigt die Logge (sie geht mindestens 25% vor) 9 Knoten. Ordentliche Schräglage. Meine Männer jubeln. Das Ruder wird zum Lieblingsplatz an Bord. Rastpause auf Molat in der langen, flachen, windigen Bucht Luka. Dann hinaus zum Wrack und schließlich zur Bucht Graparica auf Skrda an die Boje.

Am Donnerstag, 30.8. reitet mich ein kleiner Teufel: Dank guter Winde segeln wir nach Silba. Im Osthafen finden wir bequem ein Plätzchen auf zwei Stunden. Mit dieser Insel verbinden mich liebevolle Tage von vor vielen Jahren. Auch von den Männern wird die Silba als eine ganz besonders schöne Insel empfunden. Viel Grün, sehr gepflegtes Ortsbild. Dazu eine Freiluftgalerie mit Frauenkörpern aus Stein gebildet. Der Aussichtsturm ist auch von unten bereits eine Sehenswürdigkeit! Die Stufen nach oben sind außen herum gewendelt. Schwindelfreiheit ist gefragt. Provianteinkauf, Schleckeis und zurück aufs Boot. Wir segeln mit achterlicher schwacher Brise heimwärts und nächtigen in der Bucht Mljak, hinter der Prolaz Zapuntel zwischen Ist und Molat.

Am Freitag. 31.8. ist wenig Wind und weiter Weg. Daher mit viel Motor bis zum Dorf Pasman. Hier gibt es das Abschieds-Abendessen. Erstmals lassen wir uns bekochen. Ansonst haben wir – was unserem Bordklima gut getan - abwechselnd immer selbst gekocht. Nach dem Abendessen gibt es die Schlussrunde zu den Fragen: „Hattest du einmal Angst“ und „Was hat dir am besten gefallen?“ Frühmorgens nächsten Tags motoren wir das letzte Stück zurück nach Biograd.

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