Zwei Wochen auf der Insel Sal,
einer der Kap Verdischen Inseln

Angereist am 20.01.2009
Abgreist am 04.02.2009

Dass Sal was mit Salz zu tun hat, trifft für diese Insel zu. Sie hat wegen des Salzes die Aufmerksamkeit der europäischen Eroberer auf sich gezogen. Mehr darüber später. Sal ist die nordöstlichste Insel des Archipels.

Kap Verde hat dem Namen nach was mit Grün zu tun. Die erobernden Europäer haben diese zunächst unbewohnt gewesenen Inseln nach einem grünen Kap benannt, das auf gleicher geografischer Breite an der Westküste von Afrika liegt. Grünes auf den Kap Verden ist nur wenig zu finden. Es hat mich sehr erschüttert, wie wenig Grün hier auf Sal ist. Bei aller herben Schönheit der Insel – wie aber kann man hier leben? Darin gleichen die Kap Verden den Kanarischen Inseln Fuerteventura, Lanzarote und dem Süden von Gran Canaria und Teneriffa. Grün ist nur dort, wo künstlich bewässert wird. Es gibt nur sehr wenig Niederschlag hier. Es ist eine Landschaft von Sand, Steinen und kahlen Bergen. Jedenfalls ist das auf Sal so, wo ich zwei Wochen lang gelebt habe.

 

Erste Eindrücke

Als ich am 20. Januar 2009 von Gran Canaria mit dem Flugzeug kommend auf Sal lande, ist die „Narwal“ noch von Gerald, Dagmar und deren drei Kindern bewohnt. Ich bin etwas eher angereist. So kann ich in aller Ruhe mich ein wenig umschauen auf der Insel.

 

Dagmar hat mir im „Casa Varella“, einem Hotel in der Insel-Hauptstadt Espargos reserviert.

Blick von meiner Terrasse auf die Dächer der umliegenden Häuser, die ältesten von Espargos, wie mir später mein Guide Francisco erklärt.


Blick von der Terrasse durch die Tür in mein schlichtes Zimmer

Arnd, der Eigner, wird erst eine Woche später kommen. Ich kann mich hier ein wenig umschauen.

 

                

 

An der Ecke sitzt Maria und grillt Hendlhaxn.

Eines ist für mich dabei. Im Nu bin ich umringt von etlichen Hunden und einer Bettlerin.

 

Erste Gespräche und Kontakte

Nachts in Espargos auf die Straße zu gehen, wurde mir sehr abgeraten. Man fällt als Hellhäutiger auch tagsüber sehr auf. Mich hupt jedes Taxi an. Vor einem „Mercado“ spricht mich ein sehr schwarzer Mann an. Er heißt Augustin und will mir seine Handelsware zeigen. Es sind Bilder und Figuren afrikanischer Motive, wie ich sie schon auf Gran Canaria zu hauf auf Märkten gesehen habe. Ich höre dem Augustin zu. Er ist irgendwo am afrikanischen Festland geboren worden und erst später hierher gezogen. Dann kommt sein Freund Jim. Unser Gespräch verlagert sich bald, dann aber ausdauernd, auf Gott und die Welt, auf Afrika, Magie und Religion. Ich erinnere mich und meine Gesprächspartner, dass ich ein Wörterbuch für Portugiesisch suche. Augustin macht sich erbötig, mich bei der Suche zu begleiten. Wir klappern alle Geschäfte ab in Espargos. Nach anderthalb Stunden sind wir fündig geworden. Augustin bekommt einen Geldschein von mir. Ich denke, das hat er verdient.

Augustin und Jim würden gerne mitkommen nach Martinique. Tatsächliche tauchen sie eine Woche später in Palmeira auf, wo in der Bucht die Segelboote alle vor Anker liegen. Arnd hört ihnen lange zu. Es kommt nicht in Frage, dass er die beiden mitnimmt. Sie haben keine Einreiseerlaubnis. Es wäre Menschenschmuggel.

Ein junger Mann bietet auf der Straße ein paar Textilien an. Obwohl ich ihm nichts abkaufe, komme ich mit ihm freundlich ins Gespräch. Auch er kommt vom Festland. Auch er möchte mitkommen über den Atlantik.

 

Ich entdecke meinen Fremdenführer

Am Nachmittag mache ich mich auf die Suche nach Wireless-Internet. Es gesellt sich ein gebildeter Mann von der Insel zu mir. Wireless finden wir hier in Espargos keines. Ich erfahre von ihm allerdings einiges über Land und Leute, während er mit mir durch die Stadt zieht und auf den Hügel hinter der Stadt mit dem Radarturm für den Flughafen. Von hier aus bekomme ich einen Blick auf die Insel. Es ist alles braun, steinig und trocken. Sehr karg. Es erinnert mich an Fuerteventura. Auch Francisco bekommt freiwillig von mir einen Geldschein.

So habe ich meinen Fremdenführer gefunden: Francisco, kennt man auf der ganzen Insel als den „Italiener“. Er ist Kreole, denn seine Mutter ist eine Schwarze, sein Vater ein Weißer. Er hat viele Jahre in Italien gelebt, wo sein Vater her stammt. Jetzt lebt er wieder auf der Insel, wo ihn seine Mutter geboren hat und er aufgewachsen ist. Das alles erfahre ich allerdings erst später.

Am Freitag setzen wir uns in ein Taxi und verlassen Espargos ostwärts. In der „allerältesten“ Ansiedlung der Insel, wie Francisco mir nachdrücklich versichert, steigen wir aus.

 

 

Begeistert zeigt mir mein Guide die, auf den ersten Blick recht kümmerlich aussehenden Pflänzchen, wie die in diesem trockenen Land ihren Lebensraum gewinnen und behaupten. Es gibt auf der Insel hin und wieder eine sehr ergiebige kurze Regenperiode. Davon zeugen leicht vertiefte Rinnen am flachen Hang. An und in diesen Rinnen sind diese Pflanzen verwurzelt.

 

 

Francisco führt mich bergan.


Und oben überrascht er mich: Wir blicken in einen riesigen Krater eines längst erloschenen Vulkans!

 

Was nicht mehr gebraucht wird, lassen sie einfach liegen

 

Francisco ereifert sich sehr über diesen Missstand auf seiner Insel.

Wir kommen zu den hölzernen Stützen der einstigen Seilbahn für den Transport des Salzes aus dem Krater heraus.

 

Durch einen Tunnel erreichen wir nun das Innere des Kraters. Vor uns die Salzteiche. Darin lässt man das Wasser verdunsten. Manche baden darin – dafür war ich leider nicht richtig gekleidet.

       

 

Francisco weiß zu berichten, dass das Wasser in den Salzteichen „von selber“ in den Krater strömt. Er zeigt mir die Quellen. Das Wasser habe schon an der Quelle einen viel höheren Salzgehalt als das Meer. Die Salzseen im Krater liegen auch deutlich über Null. Es handelt sich offenbar um ganz besonderes Wasser aus dem Vulkan. Entsprechend respektvoll nehme ich mir ein paar von den Salzkristallen mit für mich.

Zu Mittag essen wir beim Adilson in dessen Restaurant „Visao“.


Unser Taxi-Chauffeur zögert, uns da hinzubringen. Einen Gast mit so heller Haut wie mich, fährt er normalerweise in „bessere“ Häuser. Ich schätze es sehr, dass Francisco mich hierher bringt. Sich aus dem Land ernähren, das zu mir nehmen, was die Einheimischen auch essen, ist für mich unverzichtbarer Anspruch auf meiner Reise. All-inklusive in einem Hotel mit voll westlichem Standard – das wäre für mich keiner Reise wert.

Der Francesco ist mir ein redlicher Fremdenführer gewesen. Er hat das selbstverständlich als Amateur gemacht. Gerade das war mir sehr wertvoll. Er hat viel gewusst von den Menschen hier. Es war die Sicht eines gebildeten Menschen, der die Insel liebt und hier so bescheiden leben muss, wie alle, die den Anschluss ans große Geld nicht bekommen. Auch er wäre gerne nach Martinique mitgekommen. Die Menschen hier wollen weg – und haben wenig Chance. Da komm ich mir schon sehr privilegiert vor.

Segler, kommst du nach Sal, frag nach Francisco, den Italiener. Du wirst einen originellen, originalen und interessanten Führer bekommen!

 

Geschichten in der Bucht von Palmeira von Untergegangenem, Gestrandeten und Weltumseglern unterwegs

Am Sonntag bin ich zum Kaffee eingeladen bei Dagmar und Gerald an Bord „meines" Schiffes. Übermorgen kommt Arnd, der Eigner. Da ist dann Crew-Wechsel.

An der Westküste von Sal, so etwa in der Mitte, liegt die Bucht vor Palmeira, wo sie viele noch mal vor Anker gehen, ehe sie über den Atlantik segeln.

 

 

 

 

 

Vor einer Baracke stehen ein paar Tische. Da gibt es was zu trinken und kleine Häppchen zu essen. Hier kommen auch Fischer mit kleinen Booten an. Da ist am Vormittag viel los.

 

 

 

 

 

Ich treffe hier auf alte Bekannte: Den Günther aus Hamburg kenne ich von La Gomera. Ich hatte ihn am Steg angequatscht wegen mitfahren.



Den Ernst und seine Frau, beide aus Österreich stammend, kenne ich von gestern und von vorgestern. Einen anderen Deutschen, heute alleine, kenne ich auch von den letzten Tagen hier. Der Erich, eine Fröhlichnatur aus Untertauern (Pongau, Land Salzburg) ist heute krank.

 

Und gerne habe ich das Paar aus Niederösterreich, die Annemarie und ihren Mann wiedergesehen.

In Las Palmas am Steg haben sie eine Nacht lang geschwankt, ob sie mich mitnehmen sollen nach Kap Verde. Sie wollten dann doch lieber alleine fahren.

Hier kann ich ganz locker im Dialekt reden. Die Deutschen verstehen das inzwischen, denn sie erfreuen sich immer wieder der Gesellschaft österreichischer Fahrtensegler. Bei Bier und Grogue (40%iger Rum) haben wir uns viel zu erzählen.

Ich erfahre so manche Story.

Vom letzten Ereignis sind die Spuren am Strand noch zu sehen. Das Boot eines Franzosen hat hier am helllichten Tag direkt Kurs auf die Küste genommen. Der Franzose war an Bord. So sehen die Reste des Bootes aus der Nähe aus.

 

 

Es bröckelt richtig auseinander. Als Schiff ist es, ein paar Wochen nach der Fahrt in die Steine, kaum noch zu erkennen. So leicht kann Beton wieder zurückkehren in die natürlichen Kreisläufe. Wer hätte das gedacht!

Und jetzt die Gerüchte dazu: Der Franzose begründe das Stranden seines angeblich 100 Jahre alt gewesenen Betonschiffes damit, dass der Motor sich nicht habe abschalten lassen. Er soll sein Boot erst kürzlich versichern haben lassen. Die wertvollen Sachen habe er schon vorher auf die Schiffe seiner Freunde gebracht, wo auch er nun untergekommen sei. Und überdies habe er früher Geld gemacht mit dem Export von Schlauchbooten nach Afrika. Wo auf den Kap Verden doch niemand Schlauchboote erzeuge, bloß immer mal wieder welche abhanden kommen.

Dem Franzosen zur Gerechtigkeit: Ich halte nichts für wahr, was da an dunklen Geschichten die Runde gemacht hat. Ich habe hier die Gerüchte nur deshalb veröffentlicht, weil es zum Lachen ist, was da alles ganz schnell erdichtet wird. Und weil auch der Einfallsreichtum der Mitmenschen zu denken gibt. Wie gerne würde so mancher der Gerüchtemacher auf diese Weise doch noch schnell reich werden? Zum Lachen ist schon mal das mit der Versicherung: Ein so altes Boot nimmt keine Versicherung!

Arnd kann ganz gut französisch. Von ihm vernehme ich, was ihm der Franzose erzählt habe: Der Motor sei ausgefallen, der Wind habe ihn an den Strand getrieben, er habe die wertvollsten Sachen bergen können und in eine hiefür angemietete Garage geschafft. Dort schlafe er auch.

Und ein paar andere Geschichten: 

Auf einem Boot in Sichtweite bewegten sich zwei Menschen. Es sind wohl die Erben des einstigen Eigners. Er habe vor einigen Jahren spät abends alleine mit seinem Dinghi vom Ufer zu seinem Boot fahren wollen. Er sei nie angekommen. Das Dinghi ward weiter draußen am Strand gefunden.

Dann gibt es da noch ein völlig abgetakeltes Segelboot, ohne Mast, ohne Rigg, ohne Reeling. Solche Boote sieht man in vielen Buchten auf der ganzen Welt. Eine Geschichte dazu habe ich nicht gehört. Nur Gedanken machen durfte ich mir. So auch über das einst teure Motorboot, das seinem Aussehen nach, hier schon seit vielen Jahren still vor sich hin korrodiert.

Gleich neben der „Narwal“, so heißt Arnds Stahlschiff, sind drei unscheinbare Bojen gesetzt. Sie bezeichnen das Wrack des Stahlschiffes von Carlos. Das stand hier einige Jahre, dann versank es eines Morgens. Das tun Stahlschiffe immer wieder mal, wenn sie unbemerkt an Lochfraß leiden. Das Wrack liegt nicht tief, angeblich bloß 1,80 m. Kommst du nach Palmeira – nicht zwischen den Bojen durch fahren, sondern außen herum!

Carlos ist seit vielen Jahren der TO-Stützpunkt von Sal. TO steht für Trans Ocean Club. Der Club hat seinen Sitz in Deutschland. Er richtet weltweit Stützpunkte ein. Meines Wissens sind das meist Deutsche, die früher gesegelt und später sesshaft geworden sind an einer für Blauwasser-Segler interessanten Stelle. Hier findet man dann alle wichtigen Informationen, die dem Stützpunktleiter – er macht das ehrenamtlich – als „Ortsansässigem“ wohl vertraut sind. Das ist natürlich immer sehr hilfreich. Carlos und seine Frau scheinen mir, wie ich, im 7. Lebensjahrzehnt zu sein. Sie leben hier mitten unter den Kap Verdern und wünschen sicht nichts Schöneres, als hier ihren Lebensabend zu verbringen. „Es ist doch viel schöner hier als in Deutschland!“ Ich empfand mich herzlich aufgenommen in seinem gastlichen Haus. Danke, Carlos und Elisabeth!

Jeden Vormittag kommen Busse mit Gästen aus der Hotelstadt Santa Maria hierher. Da sitzt der Souvernierhändler vor seinem Laden und trommelt pausenlos afrikanisch. Seine beiden Kinder trommeln recht brauchbar mit.

Hier bewegte Bilder des Trommlers http://www.myvideo.at/watch/6326479

 

Santa Maria

„Santa Maria“, „Santa Maria“, „Santa Maria“, tönt es in Espargos unablässig aus den herumsuchenden Sammeltaxis, sobald ich mich auf 200 m deren Standplatz bei der Tankstelle genähert habe. Und dann möchte ich es doch wissen, wie diese Hotelstadt im Süden der Insel aussieht. Schon sitze ich im Taxi. Dessen Lenker will den letzten Platz auch noch besetzt haben. Wieder und wieder kurvt er herum. Ich helfe ihm: „Santa Maria!“, stoße ich hervor, im Tonfall wie ein Taxilenker, so gut ich das kann. Die Mitfahrer sind locker. Sie lachen. Test bestanden.

Erwartet mich ein Klein-Maspalomas?

Nein, es ist noch viel kleiner. Obgleich, es hat den Stempel eines Tourismusortes. Auch hier überwintern die Pensionisten aus dem kalten Norden. Einen von lerne ich im Restaurant in Espargos kennen. Er sitzt zunächst abseits. Als er uns deutsch reden hört, fragt er, ob er sich zu uns setzen dürfe. Ersei alleine hier. Seine Frau habe am zweiten Tag einen Schwächeanfall gehabt und musste ins Spital. Er bringt ihr täglich das Essen aus dem Hotel – man hat ja schließlich all inklusive gebucht. Der Mann tut uns allen wirklich leid. Wir trösten ihn, so gut es geht. Er gibt noch eine Runde aus, ehe er wieder ins Spital zu seiner Frau aufbricht.

Und so sieht es in Santa Maria und am Weg heim aus.

 

 

 

 

 

Crew-Wechsel

Arnd, der Eigner der Narwal ist am Montag, 26. Januar eingetroffen. Ich übersiedle mit ihm aufs Boot. Es liegt vor Anker in der Bucht von Palmeira auf der Insel Sal. Gerald, Dagmar und die Kinder ziehen ins Hotel.

Sie hatten das Schiff im Dezember übernommen. Ursprünglich wollten sie damit in die Karibik segeln. Mitte Dezember sind sie aus Las Palmas de Gran Canaria ausgelaufen. Weihnachten mit den drei Kindern – 15, ~12 und 2 – sind sie am Wasser gewesen. Die Schulen in Bremen hatten den schulpflichtigen Kindern einfach frei gegeben. Das fand ich sehr vorbildlich. Auf der Fahrt zu den Kap Verden hat es die Familie mit argem Wetter, hohen Wellen, Kreuzsee und solche Sachen erwischt. Einem der Kinder ist es sehr schlecht gegangen. So richtig munter sei nur das 2jährige Mädchen gewesen, erzählt mir Dagmar.

Das wollte immer spielen, während alle anderen mit der Seekrankheit kämpften. Ich stell mir das sehr skurril vor. Die Familie ist dann nicht mehr weiter gesegelt, sondern auf Sal geblieben.

Diesem Umstand verdanke ich, dass ich nun Co-Skipper bin auf diesem Schiff, denn Arnd muss es jetzt selbst nach Martinique bringen, wo er dann seine große Fahrt fortsetzen will. Genau das habe ich mir gewünscht – nicht bloß geduldeter Mitsegler, sondern nützlich und willkommen zu sein mit „Hand gegen Koje“. Meine Segelerfahrung hat mir dazu verholfen.

Arnd bereitet das Schiff in aller Langsamkeit vor. Da ist dann mal Freitag. Da laufen Segler nicht aus. Morgen, Samstag, wird der Hafenkapitän, den braucht man zum Ausklarieren, nicht da sein. Am Sonntag sowieso nicht. Ich glaube, es wird Montag werden, bis wir die beiden Anker hochnehmen.

und wie`s weitergeht....könnt ihr in meinem nächsten Bericht lesen.

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