Panama
von 03. Januar 2010. bis 19. Februar 2010

Teil1

Suche nach einem Schiff für den Pazifik

In Panama Stadt angekommen

Ich steige auf ein paar Tage und Nächte im „Hostel Mamallena“ ab.

Das ist wieder so eine Rucksacktouristen-Herberge mit viel Platz für ein einander Begegnen, das Austauschen von Erfahrungen und das Drucken von G’schichtln.

Das Mamallena liegt im Stadtteil Bella Vista, unweit der Calle Central. Ich schau mich erst mal ein wenig in der nächsten Umgebung um.

Ins Auge fallen die bunten Autobusse. Es sind frühere Schulbusse aus den USA. Die Panamener nennen sie die Diablo Rojo. Das scheint was mit deren Fahrweise zu tun zu haben.
     

Ein gewisses Aufsehen erregt die „Zuckermühle“:

Rechts im Bild, das ist geerntetes Zuckerrohr, so wie es dann gleich in die Zuckermühle kommt. Vor den Augen der Passanten wird hier Zuckerrohr zerkleinert, der Saft daraus gewonnen und auf der Stelle verkauft.

In der Calle Central, dort wo sie von dem Platz „Cinque De Mayo“ in die Altstadt führt und Fußgeherzone ist, finde ich verdichtetes städtisches Geschehen vor:

 

           

Ich gehe auf das Boot von Tomas, dem Amerikaner, um mit ihm in den Pazifik zu kommen.

Tomas und ich haben uns im Internet gefunden. Bald nach meinem Ankommen in Panama Stadt treffe ich mich mit ihm. Er zeigt mir vom Land aus sein Boot. Es liegt nahe der Insel Amador vor Anker. Sein Plan: Boot auf 3 Tage kranen, Unterwasserschiff reinigen und neu beschichten. Dann mal nach Costa Rica segeln, einige küstennahe Pazifikinseln besuchen, unter anderem die als sehr schön beschriebenen Perleninseln. Anfang März will er dann in den Pazifik gehen.

Aus heutiger Sicht ist sein Plan mit dem meinen gut vereinbar. Daher bringe ich am Mittwoch, dem 6. Januar meine Sachen auf sein Boot.

Der erste Eindruck am Boot ist nicht gerade beglückend: Das Holz an Deck und unter Deck hungert nach Oberflächenpflege. Im Salon stinkt es. Es sind ruchbar gwordene Uraltlasten aus der Toilette. Unterm Tisch stehen neue Farbtöpfe. Für meine Füße ist kein Platz. In meiner Kabine ist kaum Platz für meine Sachen. Indessen liegt viel Zeugs ungeordnet herum. Sieht das so aus, wenn man willkommen ist?

Panama – Pazifikseite

Die gleichnamige Hauptstadt von Panama liegt an der Pazifikküste. Im Westen wird die Stadt vom Panamakanal berührt. Schon 1881 hatten Franzosen versucht, einen Kanal zu bauen, sind aber an technischen Problemen und am grassierenden Gelbfieber gescheitert. Die USA hatten den Panamenern geholfen, von Kolumbien loszukommen, was dann 1903 geschehen konnte. Im Gegensatz zu Kolumbien war das junge Panama nun gerne bereit, den USA den Kanal bauen zu lassen und zugleich in der Kanalzone die Hoheitsrechte abzutreten. Durch den Kanal ist 1914 das erste Mal ein Schiff gefahren. Unter dem US-Präsidenten Jimmy Carter ist 1977 ein Vertrag unterzeichnet worden, der den Panamenern zusicherte, Ende 1999 alle Rechte über den Kanal erhalten zu bekommen. Das ist dann auch so geschehen. Heute arbeiten hier 8000 Menschen direkt für den Kanal. Der Kanal ist ein wichtiges Wirtschaftsunternehmen des Landes. Tomas, mein Kapitän und pensionierter Offizier in der US-Handelsmarine, meint, dass die Panamener das recht gut machen. Amerika scheint zufrieden zu sein, wie die Panamener den Kanal nun betreiben.

Mehr dazu in Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Panamakanal

Der Küste etwas vorgelagert gibt es im Süden der Stadt ein paar Inseln, die mit dem Land durch einen künstlichen Damm verbunden sind. Hier liegt Toms Segelyacht in einer Bucht vor Anker. „Amador“ heißt es hier. So sieht die Welt von Toms Boot aus:

   

Etwa 200 m entfernt ziehen die großen Schiffe vorbei, aus dem Kanal kommend oder zu ihm einlaufend. Das Fahrwasser ist etwa 12 m tief. Es ist weit hinaus ins Meer ausgebaggert und mit befeuerten Seezeichen markiert.

 

Suche nach Mitfahren im Kanal

Nicht weit von hier ist der Stadtteil Balboa. Beim Balboa-Yachtclub legen, liegen an die 60 Segelboote vor Anker und warten auf irgend etwas.

   

Sie warten leider nicht darauf, durch den Kanal zu gehen. Es gibt hier keinen Steg. Alle liegen vor Anker. Es gibt auch keinen Dinghi-Steg. Wer an Land will, funkt die Marina an. Dann kommt das Shuttle-Service. Das erschwert mir das Suchen und das Finden. Ich müsste mich jeden Tag ins Restaurant setzen, bis mich alle kennen.

Der Steg ist für Lotsenboote da.

Hier geben die Segler die 10 Autoreifen ab, mit denen sie in den Schleusen ihr Boot vor Berührung mit den Wänden geschützt haben.

Ich möchte versuchen, ein Segelboot zu finden, mit dem ich durch den Kanal fahren kann. Es braucht doch jedes Segelboot außer dem Skipper noch 4 „Linehander“. Man hilft sich gegenseitig aus, oder kauft welche zu, oder man findet Leute wie mich. Ich habe in der Marina des Balboa-Yachtclubs Zettel ausgehängt, dass ich kostenlos zu haben wäre:

Auch auf UKW-Kanal 74 bin ich um 8 Uhr morgens zu hören. Noch hat mir niemand geantwortet. Der Zettel ist ein paar Tage später nicht mehr da.

Es fahren viel weniger Boote vom Pazifik in den Atlantik als umgekehrt. Der Balboa-Yachtclub liegt auf der Pazifikseite. Ich verzichte daher darauf, im Balboa-Yachtclub sonderlich präsent zu sein.

In der Stadt kenne ich mich inzwischen ein wenig aus. Die Menschen sind durchwegs gut, hübsch und sauber gekleidet.
   

Die Gebäude und Straßen erscheinen von außen in einem krassen Gegensatz dazu. Vieles ist ziemlich heruntergekommen. Dann gibt es wieder ganz neue, große Gebäude, die sind perfekt gebaut und sauber. Etwa der Bus-Terminal Albrook.

     

Am Sonntag setze ich mich in den Autobus nach Colon auf die Atlantikseite. Ich will hier mal in die Shelter-Bay-Marina schauen, ob da wer einen Linehander wie mich sucht. In dieser Marina machen die meisten Segler noch einmal Halt, ehe sie in den Kanal einlaufen. Colon liegt am Panamakanal, an dessen Atlantikseite. Noch vor Colon, beim „Rey Supermarkt“ zweigt rechts eine Straße ab in Richtung Isla Grande. Hier erfahre ich angenehm die Wahrnehmung durch die örtliche Polizei: Erst stehe ich etwas desorientiert „in front of the supermarket“, wie es in der Anreisebeschreibung zum „Hostel Wunderbar“ heißt. Für mich heißt das gegenüber, also auf der anderen Straßenseite.

Aber das ist die verkehrte Richtung.

Alsbald kommen zwei Polizisten auf mich zu

und fragen nach meinem Ziel. Sie bringen mich zurück auf die Supermarktseite. Hier warten schon ein Franzosen-Paar und zwei Frauen aus Deutschland seit 2 Stunden auf den Bus zur Isla Grande.

   

Fahrpläne scheint es zwar zu geben, weil eine gewisse Regelmäßigkeit zu beobachten ist. Aber diese Pläne gibt es nicht veröffentlicht.

Es zieht sich noch eine weitere Stunde hin und ich habe reichlich Gelegenheit, dem Treiben am Vorplatz zuzusehen.

         

Das sind „Maranon Curaçao“, erklärt mir der Verkäufer.

Sie schmecken leicht säuerlich. Das Fruchtfleisch ist zart. Ich lasse es mir servieren, geschnitten in einem Plastiksackerl und mit Essig angemacht.

Ich fahre nun bis Puerto Lindo und werde Gast im „Hostel Wunderbar“.

   

Vor 2 Jahren haben Guido und Silvia, er Deutscher, sie Österreicherin, sich entschlossen, hier sesshaft zu werden. Zuvor haben die beiden jahrelang am Boot gelebt. Als Silva schwanger ward, sahen die beiden die Zeit gekommen, einen Fuß aufs feste Land zu setzen. Den anderen haben sie am Segelboot gelassen. Es ist wirtschaftlich das zweite Standbein geblieben. Guido fährt und organisiert Segeltouren für Touristen – zu den San-Blas-Inseln, nach Cartagena oder wohin immer die Leute hin möchten. Die Gäste können vorher und nachher hier schlafen. Die Ablauforganisation an Land ist der Silvia ihre Sache.

 

Hier das Haus mit dem Schlafraum für 10 Gäste.

Und mein Bett darin:

Guido hat dieses Schlafhaus bei den Kuna-Indios eingekauft, erst das Material, dann den Bau. Den Transport des Holzes und der Palmenblätter für das Dach von San Blas hierher hat er mit dem eigenen Schiff machen können. Das war neu hier im Lande. So sieht es rundherum aus:

             

Es ist ein Hostel mit dem Flair einer Werft und Autowerkstatt. Tatsächlich hat Guido noch ein weiteres Standbein: Reparaturen an Schiffen und offensichtlich auch an Autos.

Mir fällt auf, dass hier kein Kunststoff und wenig Metall verbaut worden ist. Die Kuna-Indios haben eine Bauweise entwickelt, die ohne Metall und Plastik auskommt. Das ist mehr oder weniger „von selbst so geworden“, wie mir Guido sagt.
   

Guido und Silvia sind TO-Stützpunkt und daher in der Seglerszene gut bekannt. Die beiden beraten mich, wie ich in die Shelter-Bay komme und an wen ich mich dort wenden sollte. Mein schweres Gepäck habe ich auf der Toms Yacht in Panama Stadt zurückgelassen.

Am nächsten Morgen breche ich auf zur Shelter-Bay-Marina.

Es gibt einen Bus, der morgens die Segler aus der Marina zum Supermarkt in Quatro Alto, nahe Colon bringt. Gegen Mittag bringt sie der Bus wieder zurück. Weil ich aussehe wie ein Segler, steige ich beim Supermarkt ein und komme so in die Shelter-Bay-Marina.
               

Hier stehen Boote, die vom Atlantik kommend mal Pause machen. Wer durch den Kanal will, wartet hier und eigentlich nur hier. Vielleicht ist jemand dabei, der auf mich wartet?

Für mich gibt es zwei Zielgruppen von Seglern: Jene Segler, die mich mal durch den Kanal mitnehmen wollen. Wer schwarze Autoreifen neben oder auf dem Boot liegen hat, bereitet sich auf die Fahrt durch den Kanal vor. Das sind die zusätzlichen Stoßdämpfer (Fender) zwischen Schiff und Schleusenwand.

Man hat auf mich nicht eben gewartet, merke ich. Die „Freya“ hat schon Linehander eingekauft, das Stück um 80 Dollar. Die Holländer sind auch versorgt. Der Franzose meint, ich hätte vorgestern kommen sollen. Nur die Schweizer – sie wollen in 3 Tagen durch den Kanal. Mit ihnen vereinbare ich, schon am Mittwoch einzutreffen, damit sie ganz sicher sein können, dass ich wirklich zur Stelle bin, wenn es los geht.

Die zweite Gruppe von Seglern, nach denen ich Ausschau halte, sind solche, die mich nach Französisch Polynesien mitnehmen könnten, dann auf Tomas’ Boot behagt mir Einiges nicht.

 

Es ist nicht ganz mein Tag heute.

Eine Niederlage nach der anderen. Dennoch - keine Katastrophen.

Gestern Abend hat das schon begonnen: Nach meinem Erfolg in der Shelter Bay Marina kehre ich aus Colon (auf der Atlantikseite des Kanals) kommend zurück nach Panama-Stadt (auf der Pazifikseite). Die Fahrt im Schnellbus dauert etwa 75 Minuten.

Im Hostel Mamallena hatte ich schon Tage vorher ein Bett reserviert. Um 17 Uhr habe ich noch angerufen, ich käme etwas später. Ja, alles ok meint die Senorita von der Rezeption. Doch dann ist doch nichts mehr frei. Keine Katastrophe, denn ich bekomme einen Platz in einer Hängematte im Garten, eine, die nicht unterhalb der sehr reifen Kokosnüsse hängt.

Im Halbschlaf erlebe ich die Hinterhof-Geräusche der Nacht in einer mittelamerikanischen Großstadt.

Ich will den Tomas anrufen, um mit ihm zu klären, ob mein Kanal-Termin am Donnerstag mit seinem Kran-Termin vereinbar ist. Mit Gabi und Richard, den Schweizern, auf deren Boot ich als Linehander fahren werde, habe ich ausgemacht, bis spätestens 12 Uhr anzurufen, um die Vereinbarung mit ihnen zu bestätigen. Ich bin also etwas in Zeitnot. Wegen fast leerer Batterie hatte ich mein neues panamensisches Handy abgeschaltet. Beim Einschalten fragt das Handy nach dem PIN - ich habe ihn nicht bei mir. Er ist auf Tomas’ Boot geblieben. Ich versuche den Tomas mit einem geliehenen Handy anzurufen - doch die Nummer, die er mir mal gemailt hat, ist nicht korrekt, sagt eine freundliche Stimme auf Spanisch.

Inzwischen bin ich beim Dinghi-Steg angelangt.

Es ist 10 Uhr. Das Dinghi (=Schlauchboot) des Tomas liegt da.

Tomas ist also an Land. Er sperrt weder Dinghi ab, noch das Segelboot - in der Regel. Schon eile ich im Dinghi zum Boot, das draußen vor Anker liegt. Doch das Boot ist erstmals abgesperrt. Ich komme nicht an Ladegerät und PIN. Vergeblich suche ich nach einem geheimen Schlüsselversteck.

Inzwischen packt mich das Grauen. In der Eile habe ich mein Gepäck am Dinghi-Steg liegen gelassen: Laptop, Geldtasche, Bankomatkarte, Reisepass.

Wenn das alles weg ist, dann bin ich ziemlich arm!

Die Sachen liegen nicht mehr da, wohin ich sie gelegt hatte. Keine Katastrophe - der Mann, der hier gerade sauber macht, hat es schon zur Seite gelegt. "Muche gracias amigo". lege ich ihm die Hand auf die Schulter. Da habe ich aber Glück gehabt!

Die Suche nach einem Internet-Anschluss gestaltet sich zeitraubend. Um 10 vor 12 leiht mir ein barmherziger Mann sein Handy und ich bekomme die Gabi ans Telefon. "Leider, mit uns wird es nichts", sagt sie. Sie hätten Segler von hier gefunden. "Schön für euch!" versuche ich zu strahlen. Und es ist wirklich keine Katastrophe. Wenn was nicht so werden will, wie du erwartest, dann hat das Universum noch was Besseres für dich - was Besseres fällt mir im Moment nicht ein. Es kommt bloß auf die Erwartungshaltung an, nicht allein auf die äußeren Umstände, habe ich meinen Bruder daheim getröstet, wegen seiner Klage, dass es keinen Schnee bei ihm in Oberösterreich gibt. Ich habe hier ja auch keinen Schnee und es geht mir gut dabei, häme ich. Das hätte ich besser bleiben lassen sollen. Jetzt muss ich selber sehen, wie ich mit meiner Erwartungshaltung zurecht komme.

Ich erwarte nun ganz entspannt, dass der Tomas heute noch zum Dinghi zurückkehrt und die Nacht nicht im Hotel zu verbringen gedenkt. Das Dinghidock ist eine harte Schlafunterlage. Vom Internetcafe aus schicke ich ihm eine Mail, worin ich meine missliche Situation darstelle. „Be not worry“, antwortet Tomas. Er komme um 3 Uhr zurück. Was er dann auch tat.

 

Ich verlasse das Schiff von Tomas wieder

Am 15. Januar um 7 Uhr früh habe ich das gemacht, mit Sack und Pack. Tom war nicht an Bord als ich ging. Er hat diese Nacht mit einer Freundin im Hotel verbracht. Er hat einen Abschiedsbrief von mir bekommen. Am Nachmittag, noch ehe er wieder am Schiff war, habe ich ihm am Telefon meine Entscheidung mitgeteilt und in 3 Sätzen begründet: Kein Weiterkommen in Sicht, technische Schwächen am Schiff und intolerabler Mangel an Sauberkeit.

Ich habe mich nicht wohl gefühlt an Bord. Der Geruch einer seit Jahren mangelhaft gereinigten Männertoilette erfüllt Salon und meine Kabine. Zudem hatte ich wenig Vertrauen in die Sicherheit des Schiffes. Und dass ein Schiff nicht und nicht zum Fahren kommt – auch das war gegeben auf Toms Segelboot. Das Unterwasserschiff braucht dringend Reinigung und neuen Schutzanstrich. Doch der Kran ist kaputt. Tom meint, Ende Februar würde der repariert sein und dann ---????? Ich kenne das! Das versprochene Puerto Rico und die küstennahen, reizvollen Inseln kann ich mir jedenfalls abschminken.

Ich habe an Bord sehr wenig Platz eingeräumt bekommen, bzw. ausgeräumt vorgefunden für meine Sachen. Langfristig hätte ich mir schon Platz geschafft. Mich hat aber die Frage beschäftigt, ob ich wirklich sehr willkommen bin am Schiff, mit allen meinen Bedürfnissen. Es ist schwierig gewesen für mich, den Überblick zu wahren. Seit einer Woche habe ich meine Kreditkarte vermisst. Ich wusste, sie muss am Boot sein. Vorgestern habe ich der Bank den Verlust der Karte gemeldet und eine neue bestellt. Heute habe ich die alte, inzwischen gesperrte Karte gefunden.

 

Jetzt kann es nur noch besser werden

Ich sitze nun im Hostel Mamallena, der gastfreundlichen Rucksackler-Herberge und denke nach, was ich als nächstes mache.

     

Ich habe für 3 Nächte ein Bett gebucht.

Nun suche ich alle einschlägigen Internetforen auf und ab auf Angebote/Anfragen von Eignern. Dann stelle ich meine eigene Anfrage nach einem Platz für einen segel-erfahrenen, nichtrauchenden, -schnarchenden, -trinkenden, -fleischessenmüssenden, handwerklich geschickten, körperlich und mental gutkonditionierten, teamfähigen, schweigsamen, wie beredten, fröhlichen, wie ernsten, spielevergnügten Mitsegler eintragen. Mal sehen ob sich dieses überwältigende Curiculum Vitae in gutes Englisch übertragen lässt.

 

Was ich mir wünsche

Ist es wirklich so, wie mein Freund Max wähnt, dass ich meine Nerven bei meiner Reise offenbar nicht auf hoher See, sondern während meiner Zwischenstationen an Land brauche? Ich beginne mich zu fragen, ob das daran liegt, dass ich selbst nicht weiß, was ich mir wünsche? Ich versuche mich zu entspannen, mich von allen Mustern frei zu machen und dann zu schauen, was nun an Wünschen auftaucht.

Vorhin hatte ich einen spontanen Einfall: Jemand, vielleicht eine Witwe, schenkt mir ein Boot und 3 Jahre Betriebskosten dazu. Dann kann  i c h  das Boot so ausstatten, wie ich es gerne habe: Ich werde selbstverständlich immer alles ganz sauber halten, die Möbel, das Deck, das Geschirr. Das Klo wird nicht stinken von Altlasten infolge jahrelangen Stehbrunzens - ich habe ein gendergerechtes hochseetaugliches Urinal dabei. Ich werde den Mitseglern genug Platz einräumen für Kleidung, Wäsche und Ablage für Pass, Kreditkarte usw. Jeder/jede wird ihren eigenen Teller bekommen und einen Platz am Tisch und auch für die Füße darunter. Ich habe gutes Werkzeug an Bord und eine Ordnung, die mich immer alles finden lässt, was ich brauche. Die Stromerzeugung an Bord wird gut funktionieren und ausreichen, um einen Kühlschrank zu betreiben und manchmal einen Laptop. Ich habe Rettungsringe an Bord, Lifebelts und ein Radar. Dazu diesesFunksystem, wo man Schiffe wahrnimmt, ehe man sie sehen kann. Das Schlauchboot hat einen Motor, der auch höhere Touren läuft, es ist halbwegs wasser- und luftdicht, die beiden Paddel lassen sich auch als Ruder einsetzen. Alle Gas- und Wasserleitungen sind dicht. Ich habe eine Windsteuerung dabei oder einen 2. Autopiloten, elektrohydraulisch selbstverständlich. Wassermacher muss nicht sein. Der funktioniert sowieso meist nicht. Dann habe ich fix montierte Tiefen- und Geschwindigkeitsmesser dabei. Diese Windanzeiger mit wahrem und scheinbarem Wind habe ich auch. Und eine starke Ankerwinsch. Ein GPS habe ich samt Kartenplotter und elektronischen Seekarten von der ganzen Welt mit vierteljährlichem Update. Dazu eine GPS-Maus, die auf den elektronischen Karten die Spur meines Schiffes hinterlässt. So ungefähr stelle ich mir das vor. Man wird sich doch was wünschen dürfen.

So ähnlich, noch im Konjunktiv, habe ich das zunächst in mein persönliches Tagebuch geschrieben. Dann habe ich es in die Wirklichkeitsform gebracht und im Tagebuch dieser Homepage veröffentlicht. Allerdings immer noch in der Zukunft. Wie bringe ich das bloß in die Gegenwart?

Ein paar Tage später will mir das mit der Witwe gar nicht mehr so gefallen. Darf man sich so was denn wünschen?

Dennoch passiert das Unglaubliche und Atemberaubende – nach drei Wochen meldet sich eine segelsüchtige Witwe. Sie würde gerne ein Segelschiff kaufen und wünscht sich einen Skipper, der ihr das segeln zeigt.

 

Näher vor Ort

Ich bin nun ganz ins „Hostel Wunderbar“ übersiedelt. Es scheint mir strategisch günstiger zu liegen, sowohl, um einen Transfer durch den Kanal zu bekommen, als auch ein Segelboot für den Pazifik. Es sollte sich später zeigen, dass meine Einschätzung zielführend gewesen ist.

Zudem ist das „Hostel Wunderbar“ umgeben von grüner Natur.
       

Nachts hämmern die Ochsenfrösche und Grillen zirpen rundum. Ab Mitternacht beginnen die Hähne zu krähen.

Am Morgen klingt von Ferne das Geheul der Brüllaffen. Eine Anzahl Vögel tönt den ganzen Tag hindurch. Am Abend schwärmen die Mücken ein - ich könnte mir das Leben gut auch ohne diese Insekten vorstellen. Doch man kann nicht alles haben.

Gemeinsam mit drei Mitbewohnern der Herberge im Grünen lasse ich mich in einem Motorboot zur 3 Kilometer entfernten Isla Grande fahren.
     

Ich habe heute keine Lust, weit herum zu laufen. Ich lass mir Ananas-Milch-Saft servieren und habe viel Zeit, die Spuren der Weihnachtszeit zu bewundern.

   

Dann mach ich mich gemächlich auf den Weg den Strand entlang. Er ist hier bebaut mit kleinen, meist ärmlichen Häusern.

                         

Auffällig ist das Plastikgeschirr, das da massenhaft herumliegt.

Am Bade- und Schnorchelstrand:

     

In Portobelo, 15 km vor Puerto Lindo, liegen an die 15 Boote vor Anker.

Auch hier wurde vor Jahrhunderten fest gekämpft, daher die Festung:

         

Hier die Dorfkirche:

und der Kirchenwirt

Dem leidenden Christus:

   

vermag ich eine gewisse Ähnlichkeit mit Bob Marley nicht abzusprechen

Bei einer meiner Fahrten in die Shelter Bay werde ich Augen und Ohrenzeuge von einem fahrenden Zug der einzigen Eisenbahnlinie in Panama:

     

Hier werden Container vom Pazifik in den Atlantik und umgekehrt gefahren. Sie kommen von Schiffen, die den Kanal nicht passieren, weil sie zu breit sind oder zu tiefen Tiefgang haben. Die Panamax-Schiffe haben 11,5 m Tiefgang. Es gibt aber heute Schiffe mit 16 m. Man arbeitet an der Eintiefung. Die Schleusen müssen völlig neu gebaut werden. Ab 2014 soll der Kanal mit 16-Meter-Schiffen befahrbar sein.

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