Kolumbien
von 13. bis 28. Dezember 2009

Teil2

Die "Verlorene Stadt"

Die Nacht verbringen wir ganz oben in der 2. Etage, gleich unterm Dach, diesmal auf Matratzen.

Das was der Ricardo da in die Taschen einfüllt, ist Hühnergeschnetzeltes. Es könnte aber auch vom Rind oder Schwein gewesen sein. Jedenfalls all das kommt in Frage. An allen Straßenecken in der Stadt sind diese Teigtaschen zu bekommen.

Jesus wandert mit uns zu einigen der Terrassen. Mehr ist von der Stadt nicht geblieben. Selbst die Steine von den allgemein zugänglichen Terrassen sind zu vier Fünftel neu verlegt worden, nachdem sie erst in jüngster Zeit von den Goldgräbern verwüstet worden waren.

 

         

Ein paar Häuser sind neu errichtet worden, ganz in der ungebrochenen Tradition der in diesem Gebiet verstreut lebenden Indios.

Und die Innenansicht:

Zu diesem Stein hat Jesus, unser Führer eine Geschichte zu erzählen: Ein angesehener Vater hatte eine Tochter zur Heirat zu vergeben. Männer, die sich um die Hand der Tochter bewarben (bis hierher ganz wie bei den Brüdern Grimm), mussten eine Probe bestehen: Diesen Stein heben.

Allerdings nicht mit den Händen, sondern mit dem besten Stück seine Potenz beweisend. Was dem passiert ist, der die Probe nicht bestanden hat, habe ich nicht mitbekommen. Vielleicht hat es die Übersetzerin unterschlagen.

Schließlich führt uns Jesus zum „Brunnen der Jugend“. Da sind die alten Menschen immer hergekommen, um sich verjüngen zu lassen. Ich lass mir sowas nicht entgehen. Ich beschränke mich allerdings aufs Besprengen meines Oberkörpers, damit man mich nicht in Windeln zu Tale tragen muss.

Wir begegnen einigen der hier rund um die Uhr präsenten Soldaten.

   

Sie bewachen die Stadt, damit sie nicht nocheinmal verloren geht – an Goldgräber, Paramilitärs und Guerillas. Es gibt hier nur Indios, Farmer, staatliches Militär und Goverment, weiß unsere kolumbianische Teilnehmerin zu berichten. Tatsächlich liegt der letzte Zwischenfall 5 Jahre zurück. Da hatte sich eine Gruppe abgesondert von der üblichen Route. Die Teilnehmer sind daraufhin als Geiseln festgehalten worden.

Wir nehmen alle noch einmal Platz auf einem Steinstuhl. Hier hatte der Vorsitzende seinen Platz – Bürgermeister, Medizinmann oder Priester.

Man hat eine Steinplatte gefunden die eindeutig eine Landkarte ist:

Dann beginnt der Abstieg über die 1500 Stufen: „Abajo, abajo“.

     

Wir durchqueren den Fluss viele male.

       

Jesus, unser Guide,

wartet während einer Rastpause mit Tomaten, Zwiebel, Salat, Käse, Wurst und Brot auf.

Ein andermal ist es eine Wassermelone.

 

Abstieg

Ich merke rückblickend, dass beim Abstieg auf den langen Steilstrecken, der Jungbrunnen wirkt. Wirklich - beim Abwärts-„Gehen“ finde ich jene Sprungtechnik wieder, die mir in jungen Jahren bei Abstiegen in den Alpen immer riesigen Spaß gemacht hat. Ganz locker von Stein zu Stein springen! Noch ehe der Körper nachgekommen ist und das Knie dessen ganzes Gewicht auffangen müsste, springe ich schon wieder weiter. Es war freilich ein hohe Herausforderung an das ganz bewusste im Körper sein. Ich war richtig in Trance. Jubelnd renne ich an zwei anderen Teilnehmern vorbei. Das nächste Paar erreiche ich gerade noch. Überholen vermag ich sie nicht. Es erinnert mich an meinen Feuerlauf von vor ein paar Jahren. Wohl an die 45 Minuten hat nun diese Phase angedauert. Dann merke ich, dass ich zu stolpern beginne. Ich lege eine Pause ein. Nachher geht es wieder langsamer weiter. So wie es beim Feuerlauf am nächsten Tag es keine Brandwunden gegeben hat, habe ich am Abend und in den nächsten Tagen nach meinem Gebirgslauf keine Probleme mit den Knien.

Den Rucksack hat mir der Albero abgenommen. Nicht ganz uneigennützig. Seine eigenen Traghilfen sind sehr dürftig. Er ist unser Koch und hat daher einiges an Gepäck. Er steckt das alles gerne in meinen Rucksack.

In der Unterkunft des 2. und 4. Tages arbeitet die Freundin von Albero

Ich gehe schon mal voraus.

         

Alle anderen 6 Gruppenteilnehmer haben sich für die 5-Tages-Tour entschieden. Das heisst, dass sie früh am Morgen des 5. Tages aufbrechen und die beiden letzten Etappen in 1 Tag durchlaufen. Ich, der Rest der Gruppe, habe den Albero als meinen ganz persönlichen Führer zugeteilt bekommen. Er trägt entweder meinen Rucksack selbst, oder er organisiert ein Muli, das ihn auf den Rücken gebunden bekommt.

Niemand aus der flotten Gruppe muss warten auf mich. Ich kann ganz mein Tempo gehen. Dem Albero versuche ich mich mitzuteilen: „Lento, a la peregrino.“ Er dürfte mich verstanden haben, denn er beginnt, mich auf Schönheiten in der Landschaft aufmerksam zu machen mit: „buenito“, und „lindo“.

       

In der 5., vormals 2. Unterkunft bekomme ich Abendessen und Frühstück von Albero zubereitet.

Ich habe Zeit, mir den gestampften Lehmboden anzuschauen.

   

Ein Hahn kräht mir was vor.

Jemand bringt eine seltsame Frucht daher.

   

Albero verhandelt mit den Indios und lässt das Muli packen.

Wir ziehen in aller Gemächlichkeit talwärts.

             

Das sind die sichtbaren Spuren meiner Erfahrungen mit Sandflöhen

der Befall muss ein paar Tage vorher gewesen sein. Es juckt ein wenig. Ich bin verführt zum Abkratzen der Borken. Es tritt jedesmal ein kleiner Blutstropfen aus. Am Nächsten Tag schaut es wieder so aus. Nach 2 Wochen ist es überstanden.

Abschlussbild mit Albero, minem wirklich freundlichen Führer

in der „Talstation in Macheta Pelao. Ich habe den Albero gefragt, wie er für seine Arbeit in den 6 Tagen entlohnt wird.

Er hat von 120 USD (entsprechend 80 – 90 Euro) gesprochen. Und das so kurz vor Weihnachten – ich musste etwas hinzu-belohnen.

Und hier mein ganz großes Lob:
Unsere professionellen Begleiter und lizenzierten Führer von der "Magic Tour, Taganga" sind bestens organisiert gewesen, sehr korrekt, sehr freundlich, alles perfekt. Sehr empfehlenswert! In die gesamte Tour mit allem Essen und Trinken habe ich übrigens USD 500 (ca. Euro 350) investiert. Ich finde, es war eine gute Investition.

Freilich, es ist eine geführte Tour auf "Trampelpfaden" gewesen. Ich verstehe gut, dass das nicht jedem so richtig schmeckt. Ich habe selbst gelitten unter dem vielen Palaver (dieses Wort ist im Spanischen, aus dem es vermutlich kommt, ist hier nicht negativ belegt) meiner Mitwanderer. Es hat mich weggeholt aus dem meditativen Gehen in der Natur, aus dem ganz bei mir sein und eins sein mit dem was ist. Manchmal, wenn Albero, der mir zugeteilte Begleiter und zeitweilige Rucksackträger mir nicht auf den Fersen war, konnte ich solche Zeiten genießen. Ich habe ihn schließlich ein wenig einweihen können in meine Bedürfnisse. Er hat sich wirklich mühelos auf mich einstellen können.

Das Abendessen haben alle zur gleichen Zeit bekommen, mit dem Unterschied, dass meine schnellen Wanderfreunde länger darauf warten mussten, während ich länger am Weg, dem einen der beiden Ziele gewesen bin. Vor 30 Jahren hätte ich mich sehr darum bemüht, der Erste am Tagesziel zu sein. Doch dank „the wisdom of my body ---“

Ich schenke mir wieder ein paar Tage Aufenthalt in der Casa de Filipe.

Hier arbeitet locker und freundlich ein Team: Links, das ist Cesar, die rechte Hand des Chefs. Und rechts, die Filipinos gleichenden Senoritas, halte ich auch für rechte Hände und gute Geister.

     

 

In Cartagena angekommen


Cartagena auf einer größeren Karte anzeigen

Zwei Tage lang ruhe ich mich aus in der sehr schönen Herberge La Casa de Felipe. Am Dienstag, dem 23. Dezember fahre ich mit einem Bus nach Cartagena.

Wir kommen in sehr flaches, tiefliegendes Land.

Lagunen links und rechts der Straße.

In der Calle de San Andres

kehre ich in das Backpacker-Hostel „Casa Viena“ ein.

Hinter dem weißen Holzgitter liegt das Fenster zu jenem Raum, in dem eines jener 8 Betten steht, das das meine sein wird.

           

Der Chef, Hans, ist Österreicher, aber heute nicht im Haus. Er muss ein interessanter Mensch mit bemerkenswerten Führungsqualitäten sein, denn seine Leute hier sind fröhlich drauf, und man hat das Gefühl, das ist ihr eigenes, geliebtes Hostel.

Es gibt keine öffentliche Fähre nach Panama. Hans hat guten Kontakt zu jenen Segelboot-Eignern, die diese Marktlücke entdeckt haben und ständig zwischen Cartagena und Panama hin und her segeln und Leute mitnehmen.

Mein Fall, für Hand gegen Koje, also kostenlos für mich zu segeln, ist nicht alltäglich hier im Haus. Doch auch dafür habe ich aussichtsreiche Kontakte anbahnen können. Es gibt hier einen Manfred. Er ist TO Stützpunkt in Cartagena. Sein Brot erwirbt er mit irgendwelchen Abwicklungen für größere Schiffe und Ladungen, habe ich ihn verstanden. Ich hatte mit ihm zuvor E-Mail- zuletzt Telefon-Kontakt. Jetzt hoffe ich, dass er mich finden wird im Internetbereich des Supermarkter Carulle, nahe der Manga-Marina. Ich lenke jedenfalls mal meinen Schritt dorthin. Ich merke, dass die ganz alte Altstadt und die nicht ganz so alte Altstadt (da steht die Casa Viena in der Calle San Andres) auf einer Insel stehen. Hier der Blick zurück auf die Altstadtinsel, auf meinem Weg in den Stadtteil Manga.

   

Von Manfred erwarte ich mir Informationen, wie es weiter gehen kann mit mir. Andernfalls werde ich darauf vertrauen, dass mir ein Engel im Traum erscheint ... Doch da kommt er schon (der Manfred). Er ruft einen Skipper an. Später treffe ich den persönlich. Sieht gut aus.

 

Weihnachten im tropischen Catagena!

Je weniger konkrete Vorstellungen man hat im Leben (etwa gar aus der Vergangenheit kommend, aber woher denn sonst?), umso leichter ist es, habe ich mal wo gehört.

Meine Herbergssuche ist ja recht entspannt gelaufen. Am frühen Morgen schon konnte ich von der Casa de Felipe in Santa Marta aus hier eine Matratze reservieren. Sie liegt in einem Raum, den ich mit 7 anderen Rucksacktouristen teile. Hätten Maria und Josef einst ein Internet-Cafe aufgesucht - wie würde da heute die Weihnachtsgeschichte vorgelesen werden müssen?

Monika, meine Tanzpädagogin in Kreativ-Tanz, Authentic Movement, Kontaktimprovisation, begleitet mich in Schritt und Tritt, etwa wenn ich durch die Altstadt gehe, oder die 1520 Stufen zur Verlorenen Stadt besteige. Mich hat ein Gruß von ihr, von ihrer Website www.wegdesherzens.at, erreicht:

"Für mich gibt es nur das Gehen auf Wegen die Herz haben, auf jedem Weg gehe ich, der vielleicht ein Weg ist, der Herz hat.
Dort gehe ich, und die einzige lohnende Herausforderung ist, seine ganze Länge zu gehen.
Und dort gehe ich und sehe atemlos."
Don Juan (Carlos Castaneda)

Ich bewege mich in die Altstadt von Cartagena, vorwiegend in der Absicht, was in den Magen zu bekommen.

   

So viele alte, geschichtsträchtige Bauten nebeneinander habe ich in der Karibik noch nicht gesehen.

     

Es ist auch relativ alles gut erhalten und gepflegt. Ich kann mich eine wenig schlau machen in http://de.wikipedia.org/wiki/Cartagena_%28Kolumbien%29

 

So etwa schaut es aus am Christkindlmarkt in Cartagena. Hier gibt es jede Menge Geschenksideen für die Frau an den Mann:

     

und umgekehrt:

   

Die Buchläden haben ziemlich geschlossen:

Hier lasse ich meine Hose.

Er hat mir zwei Nähte nachgenäht:

Zum Fototermin blickt er kurz auf von seiner Zeitung

Cartagena hat größten Belagerungen standgehalten, dank solcher Mauern erklärlich

   

Am Heiligen Abend drehe ich eine Runde durch die alte Altstadt:

                   

Bei Angelika bekomme ich eine Schale mit Früchten frisch zubereitet:

       

Ein paar Tage später sieht sie so aus:

   

Gleich daneben die in Stein geformte, berühmte Frau.

     

Auch der Künstler ist sehr berühmt geworden damit. Ich habe eine Schönheit aus Fleisch und Blut entdeckt.

Sie könnte ihm Modell gelegen haben. Ich habe den Eindruck, hier, wie auf allen karibischen Inseln, die ich besucht habe, genießt die Frau ihre Fülle. Es gibt sehr viele, sehr füllige Frauen. Auch die Männer scheinen es zu genießen. Hier ein paar käufliche Modelle zum Mitnehmen.

Ich widerstehe der Versuchung, mein Reisegpäck damit zu beschweren. Jose verkauft sie in kleineren Stückzahlen:

Und was noch so alles angeboten wird:

           

Am Gehsteig sitzend erneuert hier ein Mann die geflochten-gewebte Sitzfläche eines Stuhles.

Die Vermarktung der Kokosnüsse und ihres Wassers hat hier andere Formen entwickelt als ich sie von den karibischen Inseln kenne:

Die (so genannte) Nuss wird bis knapp an die Wasserblase vom Fruchtfleisch befreit.

Dann kommt sie in die Eisbox. Bei Kaufwunsch kann Kokosnuss mit gekühltem Kokoswasser serviert werden.

An den Gebäuden gibt es geschmackvolle Details

         

auch in der weniger alten Altstadt. Daneben herunter gekommene, vergangene Schönheiten

Ich kehre zurück in die Casa Viena. Um 1/2 8 am Abend sagt die Frau an der Reception was von "All chico to the kitchen". Hier wartet das Christkind auf uns: Sekt, Lasagne, Salat, Kuchen und Rotwein!

   

Dann anstoßen und angeregtes Gespräch mit einem jungen Paar aus Bern.

Brigitte und Christian werden auf jenem 20m-Schiff sein, mit dem auch ich am 28.12.09 aller Voraussicht nach zu den San Blas Inseln vor Panama segeln werde.

Ich suche zweimal die Marina in Manga auf. „Club Nautico“ steht zwar niergends, aber der Taxifahrer kennt sich aus: Es ist das ziemlich heruntergekommene Hüttenwerk zwischen Straße und Bucht.

   

Beim 2. mal habe ich mein mobiles Funkgerät dabei und rufe auf dem Marina-Funkkanal meinen Text: „All sailing yachts, all sailing yachts. Here is Volkmar on the mobile. Do anybody need a helpful experienced crew …”

     

Niemand meldet sich. Ich hefte einen weißen Zettel an das schwarze Brett. Am nächsten Tag ist er weg. Das haben die professionellen Skipper gar nicht gern, dass da wer umsonst gefahren wird?

Ich werde mit Peter, einem Australier mit 20m-Schiff, handelseins: Für mein Geld bekomme ich die Koje und werde bekocht werden. Er bietet mir den halben Preis an, für die Fahrt zu den San Blas Inseln. Zum Wachegehen braucht er mich eigentlich nicht, meint er. Aber weil halt Weihnachten ist.

Einen Tag später hat er sich was anderes ausgedacht: Für sein Karma sei das gut. Also wegen der Karmapflege für sich, und nicht für mich hat er das gemacht! Ich rede darüber mit ihm: Ich sei nicht sicher, ob das so laufen werde bei seinem Karma, wenn er es wegen des Karmas mache. Mein Argument hat ihn ueberzeugt: Mein Karma war offenbar so stark, sodass er mich beschenken musste. :-).

Ich sitze vormittags lange beim Frühstück bei Elke Wiese im Cafe Cato Negro nebenan. Ich arbeite viel am PC an meinen bebilderten Berichten für die HP. Die Bilder sind schon unterwegs zur Webmasterin. Ich muss den Text noch zubereiten.

Ich bin jeden Tag in der ganz alten Altstadt drüben. Auf dem Weg dorthin nähre ich mich von käsegefüllten Maisfladen, halbsüßen Maisknödeln und pikant gefüllten Teigtaschen. Beim Fernandez ergänze ich meinen Wäscheschrank mit 3 neuen T-Shirts.

Ich entdecke 2 Männer, die Taschen und Rucksäcke reparieren. Da habe ich Arbeit für den – ich glaube, er hat Fernandez geheißen.

   

Der war wirklich Goldes wert!

Jetzt muss ich nur noch einen Geldautomaten finden, damit ich morgen meine Herberge bezahlen kann. Hoffentlich ist die neue Rente schon am Konto.

 

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