Kolumbien - San-Blas-Inseln - Panama
von 28. Dezember 2009 bis 03. Januar 2010

Mit dem Segelboot von Cartagena zu den San-Blas-Inseln

Es ist eine Charterfahrt. Wir sind Fahrgäste und werden bekocht. Am 28. Dezember 2009 um 11 Uhr sind wir 9 Fahrgäste im Internetbereich des Supermarktes Carulla rund um Manfred, dem Agenten und Peter, dem Eigner und Skipper der Segelyacht "Golden Eagle" versammelt. Der Manfred nimmt unsere Reisepässe und zieht damit ab. Ich vermute zu Hafenkapitän und Ausreise-Grenzkontrolle. Denen genügen unsere Reisepässe. Unser Gesicht will keiner sehen.

Peter schafft uns und unser Gepäck mit einem großen Schlauchboot hinaus zur vor Anker liegenden „Golden Eagel“.

Es wird 19 Uhr, als Peter mit den Pässen auftaucht.

Die „Golden Eagel“ ist eine 20 m lange Slup (Großsegel + Vorsegel) mit 1 Rumpf.

             

Peter kennt den Hafen in- und auswendig. Genau genommen ist es eine sehr große Bucht mit mehreren Häfen und Marinas.

   

Ich werde gleich mal ans Ruder gestellt

und darf spüren, wie stabil das 35 Tonnen schwere, 20 Meter lange Schiff am Wasser liegt und den Kurs hält. Wir fahren entlang der Halbinsel Boco Grande nach Süden. An deren Südende biegen wir nach Westen ab. Wir setzen das Großsegel. Es gibt dann eine „Schwelle“ mit einer sehr engen Durchfahrt. Sobald wir die letzten Navigationslichter des Hafens passiert haben, wird auch das Vorsegel (Genua) gesetzt. Das Meer ist hier nicht sehr tief, daher gibt es steile, hohe Wellen. Ich hatte es stolz abgelehnt, Tabletten einzuwerfen. Jetzt muß ich demütig leiden. Mir wird schlicht übel.

Wir segeln die ganze Nacht durch - was sonst. Irgendwann legt Peter das erste Reff ein. Ab 22 Uhr stehen je 2 Crew-Mitglieder am Ruder und schauen, ob kein Schiff in die Nähe kommt. Wir sind 9 Leute. Ich bin in der Früh, bei Tageslicht, von 6 - 8 Uhr alleine dran.

Die San Blas Insel namens Porvenier erreichen wir, als es bereits wieder Nacht ist. Peter kennt das Revier so gut, dass er ohne Kompass und ohne GPS mir die Richtungen ansagt und mich die schmale Durchfahrt zwischen den Korallenriffen steuern lässt.

 

Auf den San-Blas-Inseln

Wenn man über den San-Blas-Archipel nach Panama einreist, muss man in Provenir "einklarieren". Am nächsten Morgen, Mittwoch, 30. Dezember stellt sich heraus, dass die Grenzer auf Urlaub sind. Unser Skipper hinterlegt beim Hafenkapitän unsere Reisepässe und wir segeln weiter zur Insel Chichime.
    

Die San-Blas-Inseln sind den Indios vorbehalten. Sie sind dort ziemlich autonom - und gastfreundlich.

       

 

Zum Jahreswechsel auf der Insel Chichime

Chichime ist eine der 365 San-Blas-Inseln in der Karibik, knapp vor der Nordküste von Panama gelegen. Die Inseln gehören zu Panama. Sie sind eines der 5 autonomen indigenen Gebiete mit Provinzstatus (aus Wikipedia). Es sieht so aus, als ob das gut funktioniere. Ich halte das für eine beachtliche Kulturleistung des Staates Panama. Die Indios, hier die „Cuna“ oder auch „Kuna“ scheinen tatsächlich das Sagen zu haben. Vom Massentourismus sind sie ziemlich abgekoppelt gewesen, denn es gab bis vor Kurzem nur wenige Straße in die angrenzenden Gebiete an der Küste. Sie sind der Geheimtipp von Seglern: „Im San-Blas-Archipel beginnt die Südsee“. Kaum ein Segler, der an ihnen vorbei segelt. Manchmal kommen große Kreuzfahrtschiffe vorbeigehen vor Anker und organisieren Inseltouren für ihre Fahrgäste.

Auf Chichime leben etwa 5 Familien. Im Nordosten der etwa 5 ha kleinen Insel gibt es zwischen den 4 oder 5 Hütten einen Touristen-Tisch. Es wird Bier angeboten. Man darf aber auch ohne Konsum daran Platz nehmen. Vor einer der Indio-Hütten arbeitet eine Frau an bunten Bändern, wie sie sich die Frauen hier um die Waden legen. Sie bietet ihre Kunstwerke zum Verkauf an. Ganz hinten gibt es eine Hütte für Gäste. Das bewohnen seit ein paar Tagen 4 junge Schweizer.

Ich umrunde die Insel im Uhrzeigersinn. Als ich zurück komme wird intensiv Ball gespielt. Die Regeln sind spontan entwickelt worden: Die 5 braunen Indio-Buben haben den Ball.
     

Wir Hellhäutigen vom Segelboot versuchen ihnen den Ball abzujagen. Es gelingt fast nicht. Und wenn, dann nur für ein paar Sekunden. Es macht allen riesigen Spaß. Der ganz kleine Bruder ist auch dabei, auf seine Art.

Nach dem Ballspiel ist gemeinsames Paddeln dran.

 

   

Peter, unser Skipper und Vercharterer, hat ein Abendessen mit Langusten organisiert.

Die Langusten bringen die Indios, den Reis stellt er selber bei. Simon macht Knoblauch in Öl heiß. In einer der Hütten wird alles zubereitet. Teller, Trinkbecher und Getränke (außer Bier) haben wir vom Schiff mitgebracht.

Ich zähle zehn Schlauchboote am Strand. Im Kanal zwischen Chichime und ihrer kleinen Nebeninsel liegen etwa 12 Segelboote vor Anker.

Um die beiden Inseln verläuft kreisförmig ein Korallenriff.

Nur im Westen gibt es einen Bereich ohne Riff. Das tiefe Fahrwasser reicht bis in den Kanal zwischen die beiden Inseln herein. Ansonsten ist das Wasser zwischen Inseln und Riff sehr seicht. Es gibt Bereiche, die werden bei Ebbe trocken.

An der Feuerstelle nahe dem Ufer startet indessen die Silvesterparty.

Wohl an die 30 Menschen von den Segelbooten tummeln sich ums Feuer.

Dazwischen immer wieder ein paar Indios.

Höchst störend finde ich die Musikanlage, die da einer der Segler aufgestellt und aktiviert hat. Sie erstickt jeden spontanen Musikbeitrag im Keime. Der Engelberto, Vater von mindestens 4 der hier herumlaufenden Kinder, steht mit seiner Plastik-Blockflöte da. Manchmal spielt er wenig drauf. Ich lehne mich neben ihn an das Boot, einen Einbaum, der an Land gezogen worden ist und höre ihm zu.

Gerne unterhalte ich mich mal mit meinen Mitseglern: Sylvan und Batist aus Frankreich, Manu und Diego aus Madrid,

Brigitte und Christian aus der Schweiz, Samaras, die Kanadierin und Simon, dem Allgäuer.

 

Unter den Seglern gibt es einen, der sich auf die Kunst des Fackelschwingens versteht:

Dann zieht es mich wieder an den Strand. Der Vollmond schaut durch die Wedeln der Palmen herunter. Sein silbernes Licht spiegelt sich auf der Wasseroberfläche. Es ist kein Donnern, was an mein Ohr dringt, sondern ein ganz breites gleichmäßiges mächtiges Rauschen. Seit Jahrtausenden ist das so. Ganz langsam wachsen die Korallen. An keiner Stelle ragt da draußen ein Fels über die Wasseroberfläche. Die Korallen liegen auch bei Ebbe immer ganz knapp unter der Wasseroberfläche. Mitten drin steht ein kleines Schiff. Es sieht noch gut aus. Es könnte ein Observatorium sein. Aber niemand ist am Schiff.

Am Vormittag haben Brigitte, Christian und ich uns vom Peter mit dem Schlauchboot nach draußen bringen lassen, bis knapp davor, wo die Wellen sich am plötzlich seichten Meeresboden – den Korallen – überstürzen und dann einige Meter weit als schaumgekrönte Walzen herein rollen und schließlich auslaufen. Das nimmt den Wellen die Energie. Innerhalb des Riffes ist die Wasseroberfläche sehr ruhig und wenig tief. Da schnorcheln wir. Unter uns die Korallen in den verschiedensten Gestalten: große Kugeln mit kleinen Furchen an der Oberfläche, dicht an dicht kleine runde „Spargelköpfe“, kleine schlanke Trichter und Röhren, verzweigte Ästchen, große Schüsseln und dann große Felder von jenen breiten, gewellten, messerscharf endenden „Blättern". Wir sind nun dort, wo die Schaumkronen über uns tausende Luftblasen herabschicken. Die spitzen Korallen kommen gefährlich dicht an unsere Körper heran. Wir lassen uns von der Strömung zurück zu Insel treiben, immer mit dem Blick auf die unter uns vorbeiziehende Meereslandschaft: Fische, Gras, Sand, Korallen, Seeigel ....

Nun sitze ich auf einem der angeschwemmten Baumstämme am Strand. Draußen das Rauschen – es ist nicht mehr so mehr unheimlich. Das Schnorcheln hat es mit vertraut gemacht. Ich schließe die Augen. Vertraute Menschen sind um mich. Menschen denen ich im vergangenen Jahr und in den Jahren davor nahe gewesen bin, nahe sein durfte, Menschen, die ich schätze und liebe. Auch die Gestorbenen sind da.

„Are you well?“ ruft mir Batist zu, als er an den Strand geht und sich erleichtert. „Tired?“ erkundigt er sich am Rückweg. Eigentlich nicht, oder doch?

 

Das neue Jahr ist da

Fernandez, der Skipper vom Nachbarboot, lässt einen Sektpfropfen knallen und es beginnt allgemeines Händeschütteln, Bussi-Bussi und Umarmen. Ich lerne was dazu: Schweizerinnen erwarten Bussi-Bussi-Bussi, also 3 x. Doch Fernandez ist um 10 Minuten zu früh gekommen, weshalb in diesem Zusammenhang dem Mann kein Strick gedreht wird. Wir wiederholen das schöne Ritual um 24 Uhr Bogota-Zeit (UTC - 5 Stunden). Gemessen an der wahren Ortszeit (wir befinden uns auf 79 ° West) sind wir immer noch 16 Minuten zu früh.

Chichime hatte ich noch im alten Jahr im Kajak umrundet. Nun, am 01.01.10, nehme ich mir die kleine Insel nebenan vor. Es reizt mich, die 300 m zum Riff hinaus zu paddeln.

Auch hier im Norden strömt das Wasser übers Riff herein. Es besteht also keine Gefahr ins Riff gezogen zu werden. Das Wasser ist auch hier sehr flach. Mit dem Paddel kann ich immer den Grund berühren. Ich komme dem gestrandeten Schiff auf 50 m nahe.

Dann drehe ich ab zur kleinen Insel, mache meine Runde um sie

     

und kehre schließlich zurück auf unsere „Golden Eagle“.

Am 2. Januar besuchen wir die Insel Soledadmiria. Sie liegt 1 Segelstunde nordwestlich von Chichime. Die gesamte Inselfläche ist ein Dorf. Hier haben geschätzt 50 Familien ihre Häuser.

     

Wir sind eingeladen, uns im Dorf umzusehen. Auch hier hält man mich für den leibhaftigen Santa Claus.

Ich bin umringt von 2 einheimischen Männern,

einem dolmetschenden Lehrer vom panamesischen Festland

und vielen Kindern.

       

Die erwachsenen Männer lassen sich auf Anfrage gerne fotografieren, die Kinder drängeln richtig, aufs Bild zu kommen.

     

Anschließend wollen sie es sehen.

   

Unser nächstes Ziel ist die sehr kleine, auf vielen Prospekten zu sehende Insel Ikodup.

Ein Korallenriff schließt direkt an die Insel an.

Ich genieße eine zweistündige Schnorchelwanderung dorthin. Ikodup hat kaum 100 Meter im Durchmesser. Zwischen den Palmen zähle ich an die 30 kleiner Zelte. Hier kann man sich her schippern und die Zeit still stehen lassen, in einer bunt zusammengewürfelten Kommune von Kurzzeit-Aussteigern.

Am Abend ankern wir vor Porvenier, der Hauptinsel der autonomen Provinz von San Blas. Hier gibt es eine kleine Landebahn für lokale Flüge. Und das Immigrationsbüro. Es ist zwar immer noch nicht besetzt – es ist ja erst Samstag, der 2. Januar. Peter hat es irgendwie geschafft, dass zumindest jener Stempel anwesend war, dessen begehrten Abdruck wir nun in unsere Pässe bekommen. Abendessen im Restaurant.

 

Wir verlassen den San-Blas-Archipel

Am frühen Morgen des 3. Januar legt ein langer Einbaum bei uns an. Er ist so was wie ein Sammeltaxi zu Wasser. Wir steigen ein mitsamt unserem Gepäck.

Adios Peter und „Golden Eagle“! Adios Christian und Brigitte!

Das Schweizer Paar will noch ein paar Tage dranhängen auf Provenir. Angetrieben von einem Außenborder und von sanfter achterlicher Dünung geht die Fahrt aufs Festland zu.

Die Schulinsel, gleich neben Porvenir:

Die beiden Spanier

Die beiden Franzosen

   

Und viel Wasser rundherum:

Umsteigen auf einer Insel, schon nahe dem Festland

       

Nach einer guten Stunde haben wir das Boote-Terminal erreicht.

   

Ein hochbeiniges Geländeauto packt unsere Sachen aufs Dach und uns ins Innere. Die Fahrt geht durch Urwald, übers Gebirge.

       

Wir steigen um, in ein Auto mit niedrigeren Beinen.

Es geht nun durch ebenes Weideland Nach 3 Stunden tauchen die Wolkenkratzer von Panama Stadt auf.

Jeder wird dorthin gebracht, wo er ein Bett reserviert hat, oder eines zu finden hofft.

Mein Bett für die nächste Zeit steht im Backpacker-Hostel „Mamallena“.

 

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